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Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft 20. Dezember 2012 Laut Informanten von RFA hatten insgesamt 7 Tibeter gemeinsam eine Selbstverbrennung in Driru, das schon am 4. Oktober Schauplatz einer Selbstverbrennung war [vergl. Tibet-Information vom 8. November 2012; UM], geplant. Ihr Plan wurde aber von Sicherheitskräften entdeckt, und zwei von ihnen wurden festgenommen. Die anderen fünf sprangen auf der Flucht in einen Fluss und ertranken. Elf Verhaftungen nach Studentenprotest in Chabcha Wie vorher berichtet, hatten sich die Proteste daran entzündet, dass die Studenten einen Fragenkatalog mit 10 Fragen „politisch korrekt“, d.h. im Sinne der Parteilinie, beantworten sollten. Parallel dazu wurde ihnen eine im Mai gedruckte Broschüre mit dem Titel „Zehn Sichtweisen zur gegenwärtigen Situation in der Provinz Tsolho“ überreicht, die die Antworten auf die 10 Fragen gleich vorgab. In der Broschüre heisst es unter anderem, der Dalai Lama sei keine gewöhnliche religiöse Figur, sondern habe eine „politische Agenda, um das chinesische Mutterland zu spalten“, und er sei „ein politisches Werkzeug der westlichen Opposition gegen China“. Diejenigen, die sich selbst verbrennen, begingen „Akte des Terrorismus“ und seien nur „Marionetten der tibetischen Unabhängigkeitsbewegung“ und „Opfer einer Verschwörung“. Der erste Protest am 26. November, bei dem zahlreiche Studenten die Broschüre einfach weggeworfen oder verbrannt hätten, wurde gewaltsam niedergeschlagen, wobei ein Student schwerste Kopfverletzungen erlitt. Der brutale Einsatz der Sicherheitskräfte löste eine zweite Protestaktion aus, an der sich insgesamt etwa 1‘000 Studenten der Schule beteiligten. Auch diese wurde gewaltsam beendet und hinterliess vier weitere Schwerverletzte. Am 28. November schliesslich demonstrierten die Studenten vor dem lokalen Regierungsgebäude in Chabcha, und auch diese Demonstration wurde unter Schlägen und Einsatz von Tränengas aufgelöst. Danach wurden insgesamt 8 Studenten als Rädelsführer verhaftet. Über ihr Schicksal ist nicht weiteres bekannt. Anfang Dezember wurden darüber hinaus noch 3 Mönche des örtlichen Klosters verhaftet, weil sie Nachrichten und Fotos der Protestaktionen verbreitet hätten. Sicherheitskräfte zogen in ein nahe dem Kloster gelegenes Militärquartier ein, das seit einiger Zeit leer stand, und hielten dort Manöver ab, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Quellen: Radio Free Asia RFA; International Campaign for Tibet ICT
28. November 2012 In Dowa im Bezirk Rebkong, das Schauplatz mehrerer Selbstverbrennungen in den letzten Wochen war, zündete sich am Nachmittag des 22. November der 19-jährige Lubum Tsering an. Trotz Strafandrohungen der Behörden [vergl. Tibet-Information vom 22. November 2012; UM] brachten Mönche den Leichnam in das örtliche Kloster und führten die Kremation mit den Totenritualen durch. Sicherheitskräfte, die mit insgesamt sieben Transportfahrzeugen in Dowa erschienen, hinderten mit einer Strassensperre die Bevölkerung von Dowa, der Familie einen Beileidsbesuch abzustatten. Am 23. November setzte sich der 29-jährige Tamdin Dorjee vor einem örtlichen Verwaltungsgebäude in Dokarmo in Brand. Er soll dabei mit den Händen in Gebetshaltung Parolen für ein langes Leben des Dalai Lama gerufen haben. Auch hier versammelten sich mehrere Hundert Mönche und Laien für Gebete. Ebenfalls in Dokarmo zündete sich am 25. November die Nonne Sangay Dolma, deren Alter unbekannt ist, vor dem Gebäude der Bezirksverwaltung an und starb auf der Stelle. Am 26. November, am gleichen Tag wie Wangyal, starb ein junger Tibeter, Konchok Tsering, als er sich vor einer Mine im Bezirk Kanlho im Nordosten Tibets, heutige Provinz Gansu, in Brand setzte. Im örtlichen Kloster hätte sich danach eine grosse Zahl von Tibetern für Gebete zusammengefunden. Inzwischen haben Regierungskader von den örtlichen Dorfvorstehern in Dowa und anderen Bezirken der Region unterschriebene Verpflichtungserklärungen eingeholt, in denen sie sich verpflichten, Selbstverbrennungen in ihrem Bezirk zu verhindern. Wie dieses genau geschehen soll, ist nicht bekannt. Auch müssen sich die einzelnen Haushalte schriftlich verpflichten, keine Selbstverbrennung zu begehen. Wer sich der Unterschrift verweigere, werde laut TCHRD sofort deportiert. Hintergründe des Studentenprotests in Chabcha Demnach brach der Protest aus, als die Studenten während einer „Umerziehungssitzung“ einen Fragebogen mit 10 Fragen erhielten, den sie ausfüllen sollten. Darunter waren Fragen wie „Was ist die Natur der Selbstverbrennungen?“, „Was sind die Folgen von illegalen Versammlungen und Demonstrationen?“, oder „Unter wessen Führung wurde die Gleichheit der Nationalitäten verwirklicht?“. Während sie die Fragebögen ausfüllten sollten, wurde in Ansprachen von Kadern der Dalai Lama verunglimpft. Darauf sei Protest ausgebrochen, und die Studenten riefen Parolen wie „Gleichheit der Nationalitäten“, „Freiheit für die Sprache“, „Achtung der Wahrheit“ und „Einsetzung einer neuen Regierung“. Nach etwa 2 Stunden hätten Sicherheitskräfte den Protest gewaltsam beendet. Dabei seien etwa 20 Studenten verletzt worden, vier davon so schwer, dass sie in das Spital eingeliefert wurden. Bei der Niederschlagung sei auch Tränengas zum Einsatz gekommen, nach unbestätigten Berichten sogar Schusswaffen. Weitere Informationen sind nicht zu erhalten, da die Universität weiterhin von paramilitärischen Einheiten und Soldaten abgeriegelt ist. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
26. November 2012 Studentenprotest blutig niedergeschlagen Sicherheitskräfte griffen sofort ein und verletzten eine ungenannte Zahl von Demonstranten. Fotos von der Aktion sind auf http://tibet.net/2012/11/26/many-students-seriously-injured-in-massive-protest-in-tibet/ publiziert. Weitere Details sind nicht in Erfahrung zu bringen, da die Studenten von Sicherheitskräften in der Hochschule eingeschlossen sind. Quellen: Central Tibetan Administration
22. November 2012 Am 21. November setzte sich der 35-jährige Tsering Dhundup, Vater von drei Kindern, aus Protest gegen eine Goldmine in Brand und starb kurz darauf. Laut Informanten von TCHRD hatten sich die Anwohner schon lange über die Aktivitäten der Goldmine beschwert, weil sie das Grundwasser verseuche und den Bauern das Weideland wegnehme. Zahlreiche Petitionen und friedliche Proteste hätten jedoch keinerlei Erfolg gehabt. Tsering Dhundup hinterlässt eine vierköpfige Familie mit seiner Frau und seinen drei Kindern, die 16, 15 und 8 Jahre alt sind. Behörden drohen mit Kollektivstrafen nach Selbstverbrennungen In einer Weisung vom 14. November, die TCHRD vorliegt, werden alle Partei- und Regierungskader detailliert über die Bestrafungen instruiert, die sie für die Familien von Selbstverbrennungsopfern und solche, die ihnen ihr Mitleid beweisen, zu verhängen haben. Die Weisung wurde nicht nur an Kader versandt, sondern auch durch den lokalen Fernsehsender verbreitet. Demnach verlieren alle Familienmitglieder einer Person, die sich selbst verbrannte, unwiderruflich für 3 Jahre jegliche finanzielle Unterstützung durch die Regierung. In den Dörfern, in denen sich Selbstverbrennungen ereigneten, werden alle vom Staat geförderten Entwicklungsprojekte gestrichen, und zwar auch solche, die schon früher genehmigt wurden. Eine Parteikommission wird detaillierte Untersuchungen starten, ob und welche Kader es versäumten, für „Stabilität“ und „Harmonie“ in ihrer Region zu sorgen. Alle fehlbaren Kader, speziell solche, die selbst den Familien der Opfer Besuche abstatteten, verlieren ihre Posten. Wenn Angehörige der sogenannten „Demokratischen Verwaltungskomittees“– der staatlichen „Aufsichtsorgane“ der Klöster – an Gebetszeremonien beteiligt waren oder die Familien besucht haben, werden sie bestraft. Die betreffenenden Klöster werden komplett geschlossen. Wenn Dörfer kollektiv Gebetszeremonien organisiert haben, werden in ihnen ebenfalls alle staatlichen Fördermittel gestrichen. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Radio Free Asia RFA
18. November 2012 Zwei Selbstverbrennungen in Rebkong Am 17. November zündete sich zuerst die 23–jährige Chakmo Kyi, Mutter von zwei Kindern, an und starb. Ihr Leichnam wurde in das Kloster Rongwo gebracht und noch am gleichen Abend unter grosser Anteilnahme der Bevölkerung – angeblich mehreren tausend Tibetern – an einem sonst Mönchen vorbehaltenen Ort kremiert. Zuvor war es zu Auseinandersetzungen zwischen Tibetern und Sicherheitskräften gekommen, als diese versuchten, den Leichnam abzutransportieren. Die Kremation wurde auch von chinesischen Regierungskadern beobachtet, die aber nicht eingriffen. Nur 3 Stunden nach Chakmo Kyi zündete sich der 24-jährige Sangda Tsering vor einem Regierungsgebäude an. Obwohl Sicherheitskräfte mit einem Feuerlöscher herbeieilten, starb er auf der Stelle. Sangda Tsering hatte sich in den Tagen vor seiner Tat gegenüber seiner Frau und Freunden über den Mangel an Freiheit in Tibet beklagt und gesagt, es gebe keinen Grund für ihn, am Leben zu bleiben. Auch hatte er vor einer Woche ein Gedicht über die Situation in Tibet verfasst und via Mail versandt. In Rebkong sind nun an allen grösseren Strassenkreuzungen Lastwagen mit Sicherheitskräften stationiert. Dazu stehen am Strassenrand in regelmässigen Abständen Fahrzeuge mit Regierungskadern, die die Bevölkerung beobachten. Quellen: ORF Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Radio Free Asia RFA
15. November 2012 Am 10. November setzte sich der 19-jährige Gonpo Tsering vor einem Kloster in der Gemeinde Amchok in der Autonomen Region Kanlho in Brand und starb wenige Stunden später. Er rief dabei Parolen für die Freiheit Tibets, die Rückkehr des Dalai Lama und „Freiheit der Sprachen“. Letzterer Slogan war in der Protestbewegung gegen die geplante Einführung der chinesischen anstatt der tibetischen Sprache als Standardsprache im Schulunterricht populär geworden [vergl. Tibet-Information vom 21. Oktober 2010; UM]. Gonpo Tsering galt als bester Schüler seiner Klasse an der Oberschule des Bezirks und hatte mehrere Auszeichnungen für seine Leistungen erhalten. Am 12. November zündeten sich im Abstand von wenigen Stunden in der Stadt Dowa im Bezirk Rebkong der 23-jährige Nyingkar Tashi und der 20-jährige Nyingchag Bum an und starben kurz darauf. Radio Free Asia gibt das Alter von Nyingchag Bum mit 16 Jahren an. Die Selbstverbrennungen geschahen während einer Gebetszeremonie für Tamdin Tso, die sich am 7. November selbst verbrannt hatte [vergl. Tibet-Information vom 8. November 2012; UM]. Massive Schülerproteste in Rebkong Am 8. November demonstrierten etwa 700 Schüler auf den Strassen von Dowa und rissen chinesische Flaggen von ihrer Schule und einem Regierungsgebäude herab. Insgesamt sieben Transportfahrzeuge mit Sicherheitskräften, die kurz nach Beginn am Ort des Protests eintrafen, wurden von Anwohnern umstellt und am Weiterfahren gehindert. Einen Tag später wuchs die Menge der Demonstranten nach Informationen von TCHRD auf etwa 5‘000 an. Hierzu fanden sich auch Schüler aus Nachbarbezirken ein. Die Demonstranten versammelten sich auf einem Platz vor dem lokalen Kloster Rongwo, rezitierten Gebete und riefen Parolen für ein freies Tibet, die Rückkehr des Dalai Lama und „Gleichheit der Nationalitäten“. Obwohl sich auch die Bewohner von Dowa dem Protest anschlossen und die Menge stetig wuchs, haben die überall in der Stadt stationierten Sicherheitskräfte nicht eingegriffen. Auch die Parole nach Gleichheit der Nationalitäten war während der Schülerproteste vor zwei Jahren gegen die Einführung des Chinesischen als Unterrichtssprache häufig gebraucht worden. Schon damals hatten bis zu 7‘000 Schüler an einem Tag in Rebkong protestiert. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; International Campaign for Tibet ICT; Free Tibet UK
8. November 2012 Die drei Jungen Mönche, der 15-jährige Dorjee und die beiden 16-jährigen Mönche Samdup und Dorjee Kybone zündeten sich am 7. November in Ngaba an, das Schauplatz der meisten Selbstverbrennungen war. Der 15-jährige Dorjee starb, über das Schicksal der beiden anderen ist nichts bekannt. Diese Selbstverbrennungen wurden durch TCHRD and ICT bestätigt. Am gleichen Tag setzte sich der 23-jährige Nomade Tamdin Tso in Rebkong in Brand und starb ebenfalls. Auch soll sich am 7. November ein Tibeter in Driru verbrannt haben, jedoch fehlen hier bisher jegliche Details. Am 8. November zündete sich ebenfalls in Rebkong ein junger Tibeter namens Kalsang Jinpa an. Sein genaues Alter und sein Zustand sind nicht bekannt Verhaftungen und Bestechungsversuch im Kloster Dokar Auch suchten Behördenvertreter die Witwe von Sangay Gyatso auf und wollten sie dazu bringen, ein Dokument zu unterschreiben, dass die Selbstverbrennung durch einen Familienstreit ausgelöst worden sei. Als Belohnung boten sie ihr die für tibetische Verhältnisse extrem hohe Summe von umgerechnet etwa Fr. 140‘000 an, was die Witwe aber ablehnte. Die Witwe gab an, dass sich Sangay Gyatso am Morgen der Selbstverbrennung in eine traditionelle tibetische Chuba kleidete und mit einem leeren Benzinkanister das Haus verliess. Er sagte seiner Frau, er wolle den Kanister füllen und damit einem Freund helfen, dem das Benzin ausgegangen sei. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; International Campaign for Tibet ICT
5. November 2012 Am 23. Oktober zündete sich in Labrang der 58-jährige Dorjee Rinchen, Vater zweier Kinder, vor dem Büro für Öffentliche Sicherheit an und starb kurz darauf. Zwischen den herbeigeeilten Sicherheitskräften und Tibetern ereignete sich eine Auseinandersetzung um den Abtransport seines Leichnams. Schliesslich gelang es den Anwohnern, die sterblichen Überreste in die Wohnung seiner Familie zu bringen. Sicherheitskräfte verhinderten jedoch, dass Mönche aus dem Kloster Labrang zur Wohnung gelangen konnten, so dass diese die Gebete für den Toten unterwegs am Strassenrand verrichten mussten. Am 25. Oktober setzten sich zwei Tibeter, der 20-jährige Tsepo und der 25-jährige Tenzin, gemeinsam in der Nähe eines Regierungsgebäudes in Nagchu nördlich von Lhasa in Brand. Beide waren Mönche im Kloster Bankar in der Region Nagchu. Während Tsepo kurz darauf im Spital starb, ist über das Schicksal von Tenzin nichts bekannt. Nach unbestätigten Berichten waren beide Cousins. Am 26. Oktober zündete sich der 21-jährige Tsepak Kyap (Schreibweise nach anderen Quellen Tsewang Kyab; UM) in den Strassen der Ortschaft Sangkhog in der Region Labrang an und starb am gleichen Tag. Er soll, in Flammen stehend, Parolen für die Freiheit Tibets, die Rückkehr des Dalai Lama, Freiheit für alle politischen Gefangenen und die Freilassung des Panchen Lama gerufen haben, bevor er zusammenbrach. Tsepak Kyap war seit weniger als einem Jahr mit der 18-jährigen Dorjee Dolma verheiratet. Er habe am Tag seiner Selbstverbrennung die Wohnung mit dem Motorrad verlassen und sei nach Sangkhog gefahren, wo er sich gleich nach der Ankunft auf der Hauptstrasse in Brand setzte. Ebenfalls am 26. Okober setzte sich in der Region Sangchu, Autonome Region Kanlho im Nordosten Tibets, der 24-jährige Lhamo Tseten vor einem Verwaltungsgebäude und dem Quartier der Bewaffneten Volkspolizei in Brand. Er habe davor mit Freunden in einem Restaurant gegessen, sei dann langsam auf die Strasse getreten und habe sich angezündet, ohne dass er vorher von seinem Plan erzählt hätte. Parolen rufend sei er zusammengebrochen und habe dabei seine Hände zum Gebet zusammengelegt. Tibeter verhinderten, dass sein Leichnam von Sicherheitskräften abtransportiert wurde. Danach sei ein grosses Aufgebot von paramilitärischen Kräften in der Ortschaft eingetroffen, und alle Internetverbindungen wurden getrennt. Am 4. November setzte sich Dorjee Lhundrup in Rebkong im Norden Tibets, heutige chinesische Provinz Qinghai, in Brand. Sein Alter wird mit „Mitte 20“ angegeben. Er zündete sich mitten auf einer Strasse an und starb kurz darauf. Tibetern gelang es, seinen Leichnam in ein nahe gelegenes Kloster zu bringen, wo die Mönche Gebete für ihn verrichteten und seine Urne später an einer Stelle, die normalerweise nur für hohe Würdenträger des Klosters vorgesehen ist, bestatteten. In Rebkong hatte sich am 14. März bereits ein 34-jähriger Mönch verbrannt [vergl. Tibet-Information vom 19. März 2012; UM]. China setzt hohe Belohnungen für Hinweise auf Selbstverbrennungen aus Im Aushang wurden wieder einmal „separatistische Kräfte“ im Ausland sowie der Dalai Lama beschuldigt, die Selbstverbrennungen angezettelt zu haben, um „das Land zu spalten und die soziale Harmonie zu zerstören“. Restriktionen verschärft: Mobilfunknetz gesperrt, Benzin rationiert In der Region um Lhasa benötigen die Tibeter zwei Dokumente, ausgestellt von der lokalen Polizei und von der Regierung, um überhaupt Benzin kaufen zu können. Nicht selten würden bei den zahlreichen Polizeikontrollen in Lhasa Plastikflaschen aus Angst konfisziert, diese würden brennbare Flüssigkeiten enthalten und zu Selbstverbrennungen verwendet. Einreiseverbot nach Tibet für Ausländer Im September waren bereits die Einreisebedingungen für Ausländer verschärft worden [vergl. Tibet-Information vom 13. September 2012; UM]. Ausländer durften nur noch nach vorheriger Genehmigung und in Gruppen von mindestens 6 Personen einreisen. Auch diese restriktive Regelung wurde jetzt, nach nur kurzer Gültigkeit, ausser Kraft gesetzt. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Phayul; Radio Free Asia; Die Welt
23. Oktober 2012 Zwei weitere Selbstverbrennungen Dhonpu wählte einen Ort auf der Umwandlungsroute nahe dem Klostereingang für seine Tat (siehe Foto). Soldaten seien kurz darauf erschienen und hätten seinen Körper in einen Sack gesteckt und fortgetragen. Auch hätten Sicherheitskräfte eine Gebetszeremonie am Ort der Selbstverbrennung zu verhindern versucht, die von zahlreichen Mönche und Laien besucht wurde. Das Kloster ist seitdem abgeriegelt, und alle Telefonverbindungen sind unterbrochen. Am gleichen Tag setzte sich in der Nähe von Labrang ein weiterer, noch unbekannter Tibeter beim in Brand. Ausser, dass sein Körper von Polizeikräften weggetragen wurde, ist nichts weiter bekannt. Angesichts der angespannten Lage ist es sehr schwer, weitere Details von Informanten zu erhalten. War ein Hausbrand im April in Wirklichkeit eine Selbstverbrennung? Laut einem ausführlichen Bericht von RFA handelte es sich aber um eine Selbstverbrennung. Sicherheitskräfte hätten den wahren Grund unter massiven Drohungen gegenüber Zeugen zu unterdrücken versucht. Als Beleg für die Selbstverbrennung führt RFA unter anderem Fotos an, die zeigen, dass nur ein kleiner Teil des Hauses verkohlte Holzbalken aufweist. Eine Flucht bei einem unabsichtlich entstandenen Feuer sei sehr einfach gewesen. Der 45-jährige Tulku Athub und seine 23-jährige Nichte Atse hatten wenige Tage vor dem Brand alle Gläubigen um besonders grosszügige Spenden von Butter gebeten, da sie eine spezielle Zeremonie zu Ehren der bisherigen Opfer der Selbstverbrennungen abhalten wollten. Sie hätten sich dann am 6. April selbst angezündet. Chinesische Arbeitsbrigaden und die Militärpolizei, die nach dem Brand in die Gegend entsandt wurden, hätten sowohl die Angehörigen als auch den Vorstand des benachbarten Klosters massiv unter Druck gesetzt, die Version eines Unfalls zu verbreiten. Falls dem nicht Folge geleistet würde, sollte das Kloster mitsamt eines angegliederten buddhistischen Instituts und einer Primarschule geschlossen werden. Die Angehörigen erhielten eine Geldsumme und einige Lebensmittel für ihre Verpflichtung zu schweigen. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD); Radio Free Asia RFA
17. Oktober 2012 Der 27-jährige Yungdrung zündete sich am 29. September in der Stadt Dzatoe im Norden Tibets an. Nach Berichten von Augenzeugen trug er dabei traditionelle tibetische Kleider und rief Parolen für die Freiheit Tibets, die Rückkehr des Dalai Lama, das Ende der Ausbeutung von Bodenschätzen und religiöse Freiheit. Wenige Tage vorher hatten die Behörden in der Region wohnende Tibeter dazu gezwungen, bei Filmaufnahmen mitzumachen, die das Bild von glücklichen Tibetern zeichnen sollten. Möglicherweise haben die Unmutsbekundungen der Tibeter gegen die gestellten Aufnahmen zu Yungdrung’s Tat beigetragen. In der gleichen Stadt hatten sich am 20. Juni bereits zwei junge Tibeter verbrannt [vergl. Tibet-Information vom 21. Juni 2012; UM]. Am 6. Oktober setzte sich der 27-jährige Sangay Gyatso beim Kloster Dokar nahe der Stadt Tsoe im Nordwesten Tibets in Brand. Auch er rief Parolen für die Religionsfreiheit und Beibehaltung der tibetischen Sprache. Zahlreiche Tibeter kamen für die Totengebete in das Haus der Familie, nachdem die Leiche vom Kloster dorthin gebracht worden war. Sicherheitskräfte riegelten das Kloster Dokar ab, unterbrachen alle Kommunikationswege und unterzogen die Mönche intensiven Verhören, obwohl eine Mitwirkung der Mönche an der Selbstverbrennung nicht erkennbar war. Allerdings hatten die Mönche im Jahr 2008 an den Protesten gegen die chinesische Herrschaft teilgenommen. Sangay Gyatso war Vater von zwei Kindern und betrieb in Tsoe ein Geschäft. Nur eine Woche später verbrannte sich ebenfalls in Tsoe auf dem Gelände des örtlichen Klosters der 54-jährige Tamdin Dorjee. Wiederum marschierten Sicherheitskräfte auf und unterbrachen alle Kommunikationswege zum Kloster. Tamdin Dorjee ist Grossvater des 7. Gungthang Jampal Yang, der eine bedeutende religiöse Persönlichkeit im Kloster Labrang, einem der grössten Klöster Tibets, ist. Am gleichen Ort wie Tamdin Dorjee hatte sich am 7. August eine Mutter zweier Kinder selbst verbrannt [vergl. Tibet-Information vom 9. August 2012; UM]. Töteten Sicherheitskräfte einen Tibeter der seine Selbstverbrennung geplant hatte? Eine Woche zuvor war Dorjee Rabten in einem anderen Gästehaus im nordosttibetischen Chentsa festgenommen worden. Offenbar hatten Sicherheitskräfte vorher beobachtet, wie er eine grosse Menge Kerosin kaufte. Dorjee Rabten wurde im Haus seines jüngeren Bruders unter Hausarrest gestellt, das dann mehrere Male täglich von Offiziellen aufgesucht und kontrolliert wurde. Wegen der starken psychischen Belastung durch die ständigen Kontrollen sei er nach Xining gereist, um sich medizinisch betreuten zu lassen. Kurz nach Ankunft in Xining kam er unter nicht bekannten Umständen ums Leben. Informanten von Phayul beschuldigen die Sicherheitskräfte, sie hätten ihn ermordet. Sein ältester Sohn erhielt einen Anruf, er solle allein nach Xining kommen und die Leiche abholen, aber es wurde ihm lediglich die Urne mit seiner Asche überreicht. Quellen: Radio Free Asia RFA; Phayul
13. September 2012 Lobsang Kalsang, 18 Jahre und Mönch im Kloster Kirti, und sein Cousin Lobsang Damchoe, 17 Jahre und ehemaliger Mönch von Kirti, liefen Slogans rufend noch etwa 20 Meter weit, bevor sie zusammenbrachen. Beide wurden in ein Spital gebracht, wo sie starben. Es ist nicht bekannt, ob die Leichname den Familien übergeben wurden. Lobsang Damchoe war der jüngere Bruder der Nonne Tenzin Choedron, die sich im Februar selbst verbrannt hatte [vergl. Tibet-Information vom 13. Februar 2012; UM]. Ganzkörper-Scanner in Lhasa, Restriktionen für Touristen Auch wurde der Zugang nach Lhasa aus den umgebenden Dörfern erheblich erschwert. Tibeter, die von ausserhalb kommen, dürfen zwei Brücken nicht mehr benutzen und werden an den wenigen offenen Zugängen ebenfalls kontrolliert. Diejenigen, die von ausserhalb der „Autonomen Region Tibet“ kommen, werden an ihre Heimatorte ausgeschafft, sofern sie nicht eine Aufenthaltsbewilligung für Lhasa vorweisen können. Der gesamte Telefonverkehr zwischen Lhasa und dem Ausland wird nach Angaben von Informanten inzwischen überwacht. Alle Anrufe aus dem Ausland würden in der Polizeizentrale registriert. Die Zahl der Bewilligungen für ausländische Touristen wurde reduziert. Reisende müssen vorab eine Genehmigung bei der chinesischen Botschaft ihres Heimatlandes oder beim Tibetischen Reisebüro in Beijing beantragen und vom Reisebüro gestellte Guides und Fahrer nehmen. Die Minimalzahl für Gruppen beträgt jetzt 6 Personen gleicher Nationalität. Bisher hatten sich oft Einzelreisende ad-hoc zu einer „Gruppe“ zusammengeschlossen und erhielten so die gewünschte Bewilligung, was nun erheblich schwerer wird. Massenverhaftungen im Bezirk Driru Eine weitere Bewegung mit dem Namen „Gesellschaft der weissen Diät“ verzichtet an buddhistischen Feiertagen und jeden Mittwoch auf den Verzehr von Fleisch und ruft stattdessen zum Konsum von Milchprodukten auf. In Driru, wo sich im März d.J. mehrere grosse Demonstrationen ereignet hatten, wurden darauf über 1'000 Personen, vor allem jüngere Tibeter aus wohlhabenden Familien, verhaftet. Manche wurden nach wenige Stunden oder Tagen wieder entlassen, andere sind noch immer in Haft. Quellen: Radio Free Asia RFA; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Der Spiegel
21. August 2012 Die Sicherheitskräfte hatten Tränengas und auch scharfe Munition gegen die Protestierenden eingesetzt. Ein Augenzeuge gab an, dass der später getötete Tibeter namens Tashi von Einsatzkräften umringt war, ohne dass ihm jemand beistehen konnte, bevor der tödliche Schuss fiel. Der Protest richtete sich gegen eine chinesische Bergwerksfirma, die im Frühjahr nach Protesten von Tibetern ihre Operationen suspendiert hatte. Der Zusicherung Firmenleitung, dass auf die Umwelt Rücksicht genommen würde, schenkten die Anwohner keinen Glauben. In der Meldung von RFA wird nicht erwähnt, was in dem Bergwerk gefördert werden soll. Auch gibt es keine exakten Angaben über die Rechtsform der Bergwerksfirma. Während Mitarbeiter der Firma angaben, es handele sich um eine staatliche Gesellschaft, sprechen die Anwohner davon, dass es sich um eine private Firma handelt, die unter Aufsicht der lokalen Behörden operiert. Protestaktion gegen Polizeieinsatz Zeugen hatten Polizeikräfte dabei beobachtet, wie sie ein Auto in der Nähe von Rongwo mit vier tibetischen Insassen stoppten. Zwei der Tibeter seien aus dem Auto gezerrt, geschlagen und mit Schusswaffen bedroht worden. Es ist nicht bekannt, was ihnen vorgeworfen wurde und was später mit ihnen geschah. Als der Vorfall in Rongwo bekannt wurde, zogen zunächst etwa 400 Tibeter zum Gebäude der Öffentlichen Sicherheit, um gegen die Brutalität des Einsatzes zu protestieren. Der Protestzug schwoll später auf etwa 1‘000 Tibeter an, die durch den Ort zogen und vor mehreren Regierungsgebäuden Halt machten. Offenbar unternahmen die Sicherheitkräfte keinen Versuch, die Demonstration aufzulösen. Reiterfestival in Machu unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen Am 1. August 2007 hatte der damals 53-jährige Runggye Adak, Vater von 11 Kindern und ein in der Region für sein soziales Engagement hoch angesehener Nomade, sich während des eines Reiterfestivals in Lithang des Mikrofons bemächtigt und unter dem Beifall der Anwesenden die Rückkehr des Dalai Lama, Religionsfreiheit und die Entlassung politischer Gefangener gefordert [vergl. Tibet-Information vom 7. August und 22. September 2007; UM]. Runggye Adak ist noch heute in Haft. Quellen: Radio Free Asia RFA; Free Tibet Campaign; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
15. August 2012 Choepa setzte sich am 12. August in der Nomadensiedlung Meruma, 27 km östlich der Stadt Ngaba, in Brand. Er soll noch während des Abtransports durch Sicherheitskräfte gestorben sein. Diese verweigerten der Familie eine traditionelle Bestattung; stattdessen wurde Choepa seitens der Behörden sofort kremiert und die Urne der Familie ausgehändigt. Choepa war Teilnehmer der blutig niedergeschlagenen Demonstration in dieser Region am 23. Januar [vergl. Tibet- Information vom 23. Januar 2012; UM], bei denen mindestens zwei, möglicherweise aber bis zu sechs Tibeter getötet wurden. Seitdem war er auf der Flucht und konnte trotz Fahndung nicht gefasst werden. Choepa hinterlässt neben seinen Eltern noch 4 Geschwister. Tashi und Lungtok setzten sich am 13. August nahe der wegen der vielen Selbstverbrennungen nun „Heldenstrasse“ genannten Hauptstrasse von Ngaba in Flammen. Beide konnten noch einige Schritte auf der „Heldenstrasse“ machen. Augenzeugen sahen, wie dann Tashi von Sicherheitskräften getreten und geschlagen wurde, während sie versuchten, die Flammen zu löschen. Beide wurden sofort abtransportiert. Tashi soll am gleichen Tage verstorben sein, über den Zustand von Lungtok ist nichts bekannt. Kurz darauf versammelte sich Tibeter aus Protest am Ort der Selbstverbrennung. Sicherheitskräfte haben nach Angaben von Informanten sofort mit Metallstangen und nägelbesetzten Keulen auf die Demonstranten eingeschlagen. Offenbar wurden viele Tibeter verletzt. Augenzeugen sahen mehrere Ambulanzen, die Verletzte wegfuhren. Nach unbestätigten Angaben soll ein schwer verletzter Tibeter inzwischen gestorben sein. Auch wurde eine nicht näher bekannte Zahl von Demonstranten verhaftet. Lungtok, der als Mönch die Medizinschule des Klosters Kirti besuchte, hatte nach Angaben von Freunden noch am Tag vorher Opfergaben dargebracht; er spendete 1 Yuan für jeden, der als Folge der Selbstverbrennungen starb. Tashi war in der gleichen Medizinschule, hatte jedoch Kloster und Schule im letzten Jahr aus unbekannten Gründen verlassen. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Radio Free Asia RFA; Der Spiegel; Neue Zürcher Zeitung
9. August 2012 (2) Der Vorsitzende der KP Chinas in Tibet, Chen Quanguo, kündigte auf der Sitzung des Zentralkommittees der Partei am 27. Juni drastische Massnahmen zur Informationskontrolle an. Diese Massnahmen bedeuten vor allem eine schärfere Kontrolle des Internets, der Mobiltelefonie einschliesslich Textnachrichten und eine Verstärkung der Propaganda mittels neuer Fernsehkanäle, neuen Empfängern für das Satellitenfernsehen, Filmvorführungen, lokalen Schulungen und Verteilung von Propagandaschriften in den Dörfern. Es müsse sichergestellt sein, dass „die Stimme der Partei überall auf den 1.2 Millionen Quadratkilometern des Territoriums [von Tibet; UM]“ gehört werde, so dass „Sprache und Bilder feindlicher Kräfte und der Dalai-Clique nirgendwo mehr gehört oder gesehen werden“. Das Eindringen von Informationen von „feindlichen Kräften“ im Ausland, speziell Radio Free Asia und Voice of America, müsse verhindert werden. Eine ad-hoc-Umfrage von Gallup bei 117 tibetischen Pilgern, die im Dezember 2011 und Januar 2012 nach Indien kamen, ergab, dass 89% den offiziellen chinesischen Medien nicht trauen; die Fernsehkanäle seien nur zur Unterhaltung gut. Für den Gebrauch des Internets sind schon deutliche Restriktionen in Kraft. Alle Internet-Cafes in Lhasa müssen neue Kartenleser installieren, die in der Lage sind, die neuen Identitätskarten (chin. Shen Feng Teng) zu lesen. Die neuen Identitätskarten enthalten wesentlich mehr persönliche Informationen über den Inhaber als die alten. Jugendliche unter 18 Jahren erhalten gar keinen Zugang mehr zu den Internet-Cafes. Auf einem Seminar in Lhasa am 11. Juli hob der Propaganda-Leiter der KP Chinas in Tibet, Dong Yunhu, die Wichtigkeit des Schutzes von Staatsgeheimnissen hervor. Tibet stehe an „vorderster Front“ im Kampf gegen „Separatismus“. Es sei wichtig, das Bewusstsein für Geheimhaltung und die Disziplin in der Wahrung von Staatsgeheimnissen zu stärken, da Tibet verstärkt zum Ziel von separatistischen Kräften im In- und Ausland geworden sei. „Feindliche Kräfte und ausländische Geheimdienste“ würden sich bemühen, vertrauliche Informationen zu entwenden. „Nationale und kulturelle Stabilität“ seien die wichtigsten Ziele für Tibet. Nur wenige Tage später besuchte der Leiter der Propaganda-Abteilung der KP Chinas, Li Changchun, ländliche Gebiete und sprach mit lokalen Kadern und Funktionären. Dabei forderte er sie auf, die „ethnische Eintracht“ zu stärken. Alle müssten in der Propaganda-Arbeit die „Fünf Guten Dinge“ hervorheben: die Kommunistische Partei, den Sozialismus, die Nationalitäten, die Entwicklung, und das chinesische Mutterland. Der Ausbau des Radio- und Fernseh-Empfangs in entlegenen Regionen werde den Aufbau eines gemeinsamen kulturellen Systems für alle ethnischen Gruppen beschleunigen. Am Ende seines Besuches lobte Li bei seinem Besuch im Jokhang-Tempel von Lhasa die Implementierung von „Modellklöstern“ [vergl. Tibet-Information vom 3. November 2011 und 25. April 2012; UM] als Langzeit-Massnahme, damit sich der tibetische Buddhismus an die sozialistische Gesellschaft anpasst. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; dossiertibet.it
9. August 2012 (1) Am 6. August zündete sich der 21 Jahre alte Mönch des Kirti-Klosters, Lobsang Tsultrum [andere Schreibweise des Namens: Tsultrim; UM] auf einer Strasse nahe des Klosters Kirti an und starb später am Abend des gleichen Tages. Das Kloster Kirti ist das Zentrum dieser Proteste gegen China. Die Strasse, auf der er sich in Flammen setzte, wird von den Bewohnern „Heldenstrasse“ genannt, seit sich viele der Selbstverbrennungen dort ereigneten. Auch Lobsang Tsultrum rief, wie viele andere Protestierende vor ihm, Parolen für die Rückkehr des Dalai Lama nach Tibet. Sicherheitskräfte, die entlang der Strasse stationiert waren, löschten die Flammen und transportierten ihn ab. Er soll am gleichen Tag im Spital verstorben sein. Am Tag darauf übergaben die Behörden der Familie die Urne mit der Asche des Mönches. Lobsang Tsultrum war auf Veranlassung der Behörden sofort kremiert worden, so dass die Familie nicht die Gelegenheit zu ihren Totenritualen hatte. Lobsang Tsultrum trat als Jugendlicher in das Kloster Kirti ein und war ein Freund von Phuntsok, der die Serie der Selbstverbrennungen am 17. März 2011 begonnen hatte [vergl. Tibet- Information vom 21. März 2011; UM]. Auch gehörte er zu denjenigen Mönchen, die bei Ausbruch der Proteste im März 2008 festgenommen und misshandelt worden war. Am 7. August setzte sich die 26 Jahre alte Dolkar Tso [andere Schreibweise des Namens: Dolker; UM] auf dem Gelände des Klosters Tsoe Gaden Choeling im Nordosten Tibets, heutige chinesische Provinz Gansu, in Brand und starb ebenfalls noch am gleichen Tag. Tibetische Pilger, die sich auf dem Klosterareal befanden, wollten zur Hilfe eilen, aber Dolkar Tso soll diese verweigert haben. Sie habe Parolen für die Freiheit Tibets und die Rückkehr des Dalai Lama gerufen. Auch als das Feuer gelöscht war, lebte sie noch und verlangte von den beistehenden Tibetern, sie zu töten, weil sie nicht lebendig in die Hände der Sicherheitskräfte fallen wollte. Auf Verlangen der Angehörigen wurde sie in ihr Heimatdorf gebracht, starb jedoch auf dem Wege dorthin. Einer anderen Quelle zufolge wurde sie zunächst in ein lokales Spital gebracht, bevor man sie nach Hause transportierte. Dolkar Tso hinterlässt eine 5-jährige Tochter und einen 2-jährigen Sohn. Die offizielle chinesische Nachrichtenagentur Xinhua bestätigte den Vorfall, gab jedoch an, Dolkar Tso habe sich nach einem Disput mit ihrem Mann angezündet. Informanten von TCHRD widersprachen dieser Darstellung. Ihnen zufolge habe die Familie ohne jegliche Zeichen von Streit am Tag vor der Selbstverbrennung gemeinsam das Kloster besucht und gebetet. Das Kloster Tso Gaden Choeling war im Jahre 2008 ebenfalls Schauplatz von Protesten. Strafverfolgung der Eltern eines Verbrennungsopfers Bis zu seinem Tode hatte Ngawang Norphel bei allen Verhören durch Sicherheitskräfte geschwiegen, die immer wieder stattfanden, so lange es sein Zustand erlaubte. Während sein Vater weiter in Amdo verhört wird, finden auch für die übrigen Familienmitglieder am Heimatort Verhöre statt. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Radio Free Asia RFA
25. Juli 2012
Am 7. Juli zündete sich der 22 Jahre alte Tsewang Dorjee im Zentrum des Ortes Damshung, nördlich von Lhasa, an und starb später am Abend des gleichen Tages. Nachdem er sich in Flammen setzte, ging er noch mehrere Schritte weiter und rief Parolen für ein langes Leben des Dalai Lama. Seit der Selbstverbrennung ist Damshung durch Militär praktisch von der Aussenwelt abgeschnitten. Auch sind alle Telefonleitungen gekappt. Alle Zeugen des Vorfalls wurden verhaftet, und den Bewohnern ist es verboten, darüber zu reden. Am 17. Juli zündete sich der 18 Jahre alte Mönch Lobsang Tenzin aus dem Kloster Gyalrong Tsodun Kirti in der Region Ngaba auf dem Platz vor der Gebetshalle des Klosters an. Nachdem er wenige Schritte hin zum lokalen Regierungsgebäude gemacht hatte und Parolen rief, stürzte er zu Boden (Foto rechts) und verstarb kurz darauf. Insgesamt haben sich allein in der Region Ngaba 26 Tibeter verbrannt; Lobsang Tenzin ist der dritte Mönch aus diesem Kloster. Er soll ein besonders begabter Schüler mit herausragenden Leistungen gewesen sein. Mönche trugen den Leichnam in das Kloster und verweigerten den Sicherheitskräften den Zugang, während Totenrituale abgehalten wurden. Auch am Tag danach wurden Rituale abgehalten, und alle Geschäfte und Restaurants im Ort blieben geschlossen. Angesichts der gespannten Lage zwischen den Mönchen und Einwohnern einerseits und Sicherheitskräften andererseits entschieden sich die Mönche, statt der Kremation eine Wasserbestattung durchzuführen. Während diese an einem Fluss abgehalten wurde, sah man am anderen Ufer die Sicherheitskräfte, wie sie Kampfübungen abhielten. Situation in Tibet wurde im UN-Menschenrechtsrat zum Thema Die Delegationen Schwedens und Dänemarks forderten China auf, die Rechte aller ethnischen Gruppen, speziell der Tibeter und Uiguren in Xinjiang, vollumfänglich zu garantieren; speziell das Recht zur Meinungsäusserung, Versammlungsfreiheit und Freiheit der Religion, und das Recht auf Bewahrung ihrer eigene Kultur und Sprache. Die Tschechische Republik forderte, dass alle Regionen in Tibet ohne Einschränkungen für Menschenrechtsbeobachter zugänglich gemacht werden. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; tibetpost.net; International Campaign for Tibet ICT
21. Juni 2012 Die Ortschaft Chentsa, wo sich die Selbstverbrennung ereignete, wird nun von Sicherheitskräften scharf kontrolliert. Am 20. Juni setzten sich zwei junge Tibeter, der 22-jährige Ngawang Norpel und der 24-jährige Tenzin Khedup, in der osttibetischen Präfektur Jyekundo (chin. Yushu) in Brand. Nach Berichten von Augenzeugen sollen beide tibetische Fahnen in der Hand gehalten und Slogans für die Freiheit Tibets und die Rückkehr des Dalai Lama gerufen haben. Tenzin Khedup starb sofort. Er war Mönch, trat aber 2006 aus seinem Kloster aus. Über den Zustand von Ngawang Norpel ist nichts bekannt. Dorfbewohner wegen Protests gegen Korruption verurteilt Inzwischen sind zwar die meisten Verhafteten wieder freigelassen, jedoch wurde jetzt bekannt, dass zwei Tibeter zu Haftstrafen von 3 bzw. 2 Jahren verurteilt wurden. Der Grund für die Verurteilung ist nicht bekannt. Es wird angenommen, dass sie angeklagt wurden, nachdem sie sich geweigert hatten, in die kleinen Behausungen im Dorf einzuziehen. Obwohl ihnen vorab mitgeteilt worden war, dass die Häuser von der Regierung gestellt würden, verlangte man ihnen später einen hohen Geldbetrag plus Zinsen als Eigenleistung ab, den sie nicht zahlen konnten. Tibetische Lehrer ihres Amtes enthoben Laut Informanten von RFA ereignete sich im März d.J. ein neuer Protest, weil während den Ferien durch die Behörden alle tibetischen Schulbücher gegen chinesische ausgetauscht worden waren. Die Schüler hätten aus Protest die Bücher zerrissen und aus den Fenstern geworfen. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Phayul http://www.tibet.net/; Radio Free Asia RFA; Tibet.net
14. Juni 2012 Vermutlich steht das Verbot in einer schon lange praktizierten Tradition, Tibet während „sensibler“ Daten und nach aussergewöhnlichen Ereignissen von der Aussenwelt abzuriegeln. Das jetzt erlassene Verbot fiel in den Monat Mai, in dem das Sagadawa-Fest, erinnernd an die Erleuchtung und den Eingang Buddhas in das Nirwana, gefeiert wird. Ein Einreiseverbot war bereits für sechs Wochen im Februar und März d.J. erlassen worden, nämlich während des Tibetischen Neujahrsfestes und des Jahrestages des Volksaufstandes. Auch im Juni vorigen Jahres war Tibet während der mit grossem Pomp organisierten Feiern zum 90. Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei bereits für Ausländer geschlossen [vergl. Tibet-Information vom 28. Juni 2011; UM]. Ironischerweise meldete das regierungsoffizielle „China Internet Information Center“ am 7. Juni 2012, also einen Tag vor Erlass des Einreisverbots für Ausländer, noch folgendes: „Tibets Tourismusgeschäft läuft rund Das Autonome Gebiet Tibet wird von immer mehr Touristen besucht. Allein im Monat Mai reisten 900.000 Personen auf das Dach der Welt....“ Sondergesandte des Dalai Lama zurückgetreten Die beiden Sondergesandten hatten seit 2002 insgesamt 9 Dialogrunden mit Vertretern der Regierung der Volksrepublik China, zuletzt im Januar 2010. Ihren Rücktritt begründeten sie damit, dass ihre Tätigkeit nicht zu messbaren Erfolgen geführt hat; im Gegenteil, die Situation in Tibet habe sich seit dem Aufstand im März 2008 drastisch verschlimmert. Auch verliehen sie ihrer Enttäuschung Ausdruck, dass die chinesische Regierung keine konstruktive Reaktion zum Memorandum über die Genuine Autonomie Tibets gezeigt hat, das im Jahre 2008 mit einer Ergänzung im Jahre 2010 überreicht worden war. Einer ihrer chinesischen Dialogpartner habe sogar die Meinung vertreten, der Autonomiestatus sollte gänzlich aus der chinesischen Verfassung gestrichen werden. Die Tibetische Regierung im Exil teilte mit, sie werde ihre Taskforce für den Dialog verstärken und im Dezember neu beraten, wenn die neue chinesische Führungsspitze im Amt ist. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Phayul; Radio Free Asia
5. Juni 2012 Rikyo hinterlässt drei Kinder im Alter von 9, 7 und 5 Jahren. Sie arbeitete als Viehhirtin und war Nachbarin von drei Tibetern, die sich im Februar und April selbst verbrannten [vergl. Tibet-Information vom 20. Februar und 25. April 2012; UM]. Am Tag vor der Verbrennung soll sie mehrere Stunden lang Niederwerfungen und Gebete verrichtet haben. Ihr verbrannter Körper wurde in das nahe gelegene Kloster Zamthang Gongchen gebracht, wo sich etwa 1000 Mönche versammelten und Gebete sprachen. Die Behörden verlangten die Herausgabe und sofortige Kremation. Die Mönche gaben die Leiche nicht heraus, äscherten sie aber selbst noch in der Nacht im Kloster ein. Bis in die frühen Morgenstunden soll die auf 5000 Personen angewachsene Menge noch Gebete für Rikyo verrichtet haben. Polizeikontrollen und Massenverhaftungen in Lhasa Wegen der zahlreichen Überwachungskameras, die nach den Unruhen im Jahre 2008 überall angebracht worden waren, konnten viele Zeugen der Selbstverbrennungen, die sich gerade am Ort aufhielten, identifiziert werden. Diese wurden genauso zur Vernehmungen verhaftet wie die Besitzer der Verkaufsstände, die auf dem Platz vor dem Jokhang liegen. Auch wurden alle Mobiltelefone und Kameras von Tibetern konfisziert, die sich während der Selbstverbrennungen dort aufhielten. Insgesamt sollen mehrere hundert Tibeter verhaftet worden sein. Radio Free Asia schätzt die Zahl auf 600 Personen. Diejenigen Tibeter, die sich ohne gültige Aufenthaltsbewilligung in Lhasa aufhalten, werden ausgeschafft. Tibeter mit einer gültigen Bewilligung, die aus den östlichen Provinzen Kham und Amdo stammen, in denen der Widerstand besonders stark ist, fürchten, dass diese entzogen werden könnte und sie ebenfalls Lhasa verlassen müssen. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Phayul; Radio Free Asia
29. Mai 2012 Laut Phayul hatten beide Tibeter ein Zimmer in der Nähe des Jokhang gemietet und arbeiteten in einem Restaurant. Kurz nachdem sie sich auf dem Platz vor dem Jokhang-Tempel inmitten von Pilgern anzündeten, eilten Sicherheitskräfte herbei, die das Feuer löschten, alle Touristen vertrieben und beide sofort abtransportierten. Es ist nicht bekannt, ob sie noch am Leben sind. Xinhua hat berichtet, dass einer der beiden starb. Der Platz vor dem Jokhang war bereits 15 Minuten nach dem Vorfall von allen Brandspuren gereinigt. Der Besitzer und das Personal des Restaurants, in dem die Tibeter arbeiteten, wurden festgenommen. Die Telefonleitungen nach Lhasa waren am 27. Mai stillgelegt und funktionierten erst wieder einen Tag später. Der Jokhang-Tempel ist von Sicherheitskräften seitdem komplett abgeriegelt, und weder Pilgern noch Touristen ist der Zugang möglich. Überall in Lhasa werden strenge Personenkontrollen durchgeführt. Die Selbstverbrennungen ereigneten sich im heiligen Monat Saga Dawa, in dem der Erleuchtung und des Todes von Buddha gedacht wird. Damit haben sich bis jetzt insgesamt 37 Tibeter angezündet. Verbot religiöser Aktivitäten für tibetische Kader Wenn Parteimitglieder, Regierungsmitarbeiter oder sogar Studenten an religiösen Anlässen teilnehmen, sei das ein „schwerer Verstoss gegen die politische Disziplin“. Jede Vernachlässigung ihrer Pflichten würde schwer bestraft. Gleichgültig wieviele Verdienste sie bisher errungen hätten oder wie hoch ihre Position in Partei oder Regierung sei, fehlbare Kader würden auf der Stelle entlassen und dieses in allen Medien berichtet. Bereits am 17. Mai hatte der Radiosender Xizangradio berichtet, dass im Bezirk Toelung Dechen nahe Lhasa 6 Regierungskader degradiert wurden, weil sie ihre Pflichten zur „Wahrung der Stabilität“ nicht wahrgenommen hätten. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Phayul; Radio Free Asia
25. Mai 2012 Der Begriff „Rechtserziehung“ wird in der letzten Zeit in offiziellen Verlautbarungen öfter verwendet anstelle der aggressiver tönenden „Patriotischen Umerziehung“, was aber die im Prinzip die gleiche Kampagne meint. Für Mönche und Nonnen bedeutet es, dass religiöse Unterweisungen häufig unterbleiben zugunsten von Versammlungen mit „Arbeitsteams“, die die „Umerziehung“ durchführen. Die Bewegungsfreiheit in den Klöstern ist massiv eingeschränkt. Alle Besuche ausserhalb des Klosters bedürfen der Genehmigung, manchmal ist es für Mönche und Nonnen sogar kaum noch möglich, Artikel des persönlichen Gebrauchs oder Lebensmittel zu kaufen. Die im Oktober 2010 erlassenen Verfügungen für den Betrieb der Klöster [vergl. Tibet-Information vom 21. Oktober 2010; UM] verlangen, dass in allen Klöstern die chinesische Fahne und Portraits der chinesischen Führer ausgehängt und regierungsoffizielle Zeitschriften und Fernsehprogramme zugänglich gemacht werden müssen. Seit März 2012 werden die Verwaltungskommissionen der Klöster direkt von Partei und Regierung ernannt [vergl. Tibet-Information vom 19. März 2012; UM]. Obligatorisch ist in diese Kommission eine Parteizelle der Kommunistischen Partei eingebettet. Zahlreiche neue Kontrollpunkte in Tibet Einmal in Lhasa angekommen, müssen sich Reisende bei der Polizei anmelden und bei Abreise wieder abmelden. Sie dürfen nur maximal einen Monat in Lhasa bleiben und müssen einmal pro Woche auf der Polizeistation erscheinen. Auch müssen sie Namen und Adresse, manchmal sogar den Arbeitgeber, derjenigen angeben, bei denen sie in dieser Zeit wohnen. Einschränkungen für Besucher von Häflingen Anwälte oder andere Personen, die den Gefangenen rechtlich bestehen wollen, benötigen für den Besuch eine Genehmigung des Gefängnisdirektors. Auch deren Besuchszeiten sind streng limitiert. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; tibet.net; Radio Free Asia
12. Mai 2012 Am 14. April war es im Dorf zu einer Protestaktion gegen die öffentliche Auszeichnung zweier als korrupt geltender Dorfbeamter gekommen [vergl. Tibet-Information vom 25. April 2012; UM]. Dabei wurden die Bewohner von Sicherheitskräften geprügelt und mehrere Tibeter verhaftet. Am 1. Mai veranstalteten etwa 200 Tibeterinnen aus der Region einen Protestmarsch zum Regierungsgebäude der Provinz Ngaba. Nach etwa 7 km wurden sie von Sicherheitskräften aufgehalten, die die Strasse sperrten. Eine gewaltsame Auseinandersetzung konnte im letzter Minute von Mönchen des Klosters Adhue verhindert werden, die vermittelnd eingriffen. Danach zerstreuten sich die Demonstrantinnen, aber seitdem boykottieren die Bewohner die Bestellung ihrer Felder und beteiligen sich nicht am Sammeln des Raupenkeulenpilzes (Cordyceps siniensis), der in der traditionellen Medizin Verwendung findet [vergl. Tibet-Information vom 9. Mai 2012; UM], um gegen die Verhaftungen zu protestieren. Am 5.Mai wurden 7 Tibeter freigelassen, doch mussten sie an einer dreitägigen „Patriotischen Umerziehung“ teilnehmen. Der Boykott der Feldbestellung dauert hingegen weiter an. Landenteignung für chinesische Migranten Es wird angenommen, dass auf dem enteigneten Land etwa 30‘000 chinesische Migranten angesiedelt werden sollen. In der Region gibt es bereits eine kleine chinesische Siedlung mit Arbeitern für zwei grosse hydroelektrische Projekte. Zwei weitere Wasserkraftwerke sind in Planung, und es ist davon auszugehen, dass die Arbeiten noch mehr Chinesen anziehen werden. NGOs in Kardze brauchen behördliche Genehmigung In Kardze hatten sich in den vergangenen Jahren viele privat finanzierte lokale Organisationen gebildet, die besonders in den Bereichen Erziehung, Religion, Wohlfahrt oder Umweltschutz tätig waren. Auch vermittelten sie oft bei Konflikten zwischen Tibetern und Behördern. In den vergangenen Jahren wurden bereits drei Organisationen zwangsweise geschlossen. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Radio Free Asia
9. Mai 2012 Als es um das Unterzeichnen des aus sieben Punkten bestehenden Dokuments ging, zeigte sich, dass die Nomaden in Wirklichkeit eine Erklärung vor sich hatten, in der sie die „spalterischen Tätigkeiten der Dalai Clique“ verurteilen sollten. Nachdem die Nomaden die Unterschrift verweigert hatten, kamen wenig später mehrere hundert Regierungsbeamte und Polizisten in das Dorf, versammelten die Bewohner und fragten, ob jemand Probleme mit dem Dokument habe. Als zwei Frauen ihre Kritik vortrugen, sei auf alle Anwesenden unterschiedlos eingeprügelt worden. Unter Drohung von Verhaftung und Folter seien sie zur Unterschrift gezwungen worden; einigen wurde vorher der Kopf kahlgeschoren. Private tibetische Schule geschlossen, Lehrer verhaftet Die Schule war damals mit ausdrücklicher Genehmigung der Behörden gegründet worden und finanzierte sich aus privaten Spenden. Sie bot den Kindern Unterrichtsstunden in tibetischer Sprache und Kultur an und legte besonderen Wert darauf, dass im Unterricht nur tibetisch gesprochen wurde. Die Eltern wurden aufgefordert, ihre Kinder auf der staatlichen Schule unterzubringen und auf keinen Fall eine Wiedereröffnung der geschlossenen Schule zu versuchen. Den Famlien der verhafteten Lehrer wurde es nicht gestattet, sie in Haft zu besuchen. Sorge um bekannten tibetischen Sänger Seit der Verhaftung gibt es keine Nachrichten über seinen Verbleib oder Wohlergehen. Auch die World Organization Against Torture (OMTC) hat jetzt dazu aufgerufen, sich in Appellen an die chinesische Regierung für seine Freilassung einzusetzen. Quellen: Radio Free Asia; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
2. Mai 2012 Die Analyse kommt zu folgenden Schlussfolgerungen (teils gekürzte Übersetzung aus der Originalfassung; UM):
„Hartes Durchgreifen“ im Bezirk Kanlho Überall in Kanlho sind Aushänge angebracht, die die Bevölkerung auffordern, „Kriminelle“ zu identifizieren, die „ethnischen Separatismus fördern“, „die nationale Einheit gefährden“, und „Unruhe zwischen den Volksgruppen stiften“. Als verwerflich werden Aktivitäten bezeichnet, die die „Sicherheit des Landes“ oder die „Stabilität der Gesellschaft“ gefährden oder „Gerüchte in sozialen Netzwerken erfinden und verbreiten“. Für alle, die entsprechende Aktivitäten mit ihren Urhebern an die Polizei melden, wird „persönlicher Schutz“ und eine Belohnung von Yuan 5‘000 (ca. Fr. 700) in Aussicht gestellt. Quellen: International Campagin for Tibet ICT; Phayul; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
25. April 2012 (2) Phurbu Namgyal arbeitete in einer lokalen Diskothek und erzählte Kollegen, dass er früher einmal das Gesicht des Dalai Lama im Vollmond gesehen habe. Die Gruppe ging nach draussen, um diese Vision bestätigt zu sehen. Danach wurde er von Beamten des Büros für Öffentliche Sicherheit wegen „illegalen Verhaltens“ verhaftet. Über seinen Verbleib ist nichts weiter bekannt. „Vorbildliche Klöster“ werden ausgezeichnet Während der Zeremonie in Lhasa wurden nun laut der regierungsoffiziellen Webseite ChinaTibetnews.com sage und schreibe 59 Klöster, 58 Verwaltungskommittees, 6773 Mönche und Nonnen sowie 200 weitere „herausragende Kader“ für ihre „gute Arbeit“ ausgezeichnet. Der lokale Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Chen Quanguo, betonte in seiner Ansprache, dass die Mönche und Nonnen die „reaktionären, heuchlerischen und trügerischen Methoden“ der „Dalai-Clique“ entlarven müssten, und sie dürften sich nicht in separatistische Aktionen verwickeln, die die „soziale Ordnung stören“. Tibeter bei Protestaktion verprügelt Die etwa 100 protestierenden Tibeter wurden von den im Regierungskonvoi mitfahrenden Sicherheitskräften angegriffen und verprügelt; dazu wurden etwa 15 bis 20 Tibeter verhaftet. Die beschuldigten Beamten waren für den Bau kleiner Unterkünfte für bedürftige Tibeter im Dorf verantwortlich, die ihnen von der Regierung zur Verfügung gestellt werden sollten. Später erklärte die Regierung dann den Bewohnern, dass sie einen Teil der Baukosten selbst tragen müssten, was viele nicht konnten. Mehrere Haushalte seien wegen der ausstehenden Schulden betrieben worden, während die Beamten einen Teil der Regierungszuschüsse in die eigene Tasche abzweigten. Schon im Jahr 2008 hatte es in der Region Unruhen gegeben, als die Regierung ein Gebäude enteignete, das gemeinschaftlich von der Dorfgemeinschaft für religiöse Veranstaltungen und Versammlungen genutzt wurde. Anstatt dort das versprochene Altenheim zu errichten, wurde auf dem Gelände ein grosses Armeelager gebaut. Quellen: Radio Free Asia; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; International Campagin for Tibet ICT
25. April 2012 Die Namen der beiden Tibeter werden mit Choepak Kyap and Sonam angegeben; beide waren etwa 20 Jahre alt. Den anwesenden Tibetern gelang es, die Flammen zu löschen und beide vor dem Zugriff von Sicherheitskräften zu bewahren, die in mehreren Fahrzeugen vorfuhren. Trotz medizinischer Hilfe erlagen beide später ihren Brandverletzungen. Im Kloster Dzamthang wurde dann für beide eine Totenzeremonie abgehalten, die von mehreren hundert Mönchen besucht wurde. Die Sicherheitskräfte bestanden darauf, dass die Kremation der Leichen noch am gleichen Abend stattzufinden habe. Videoclip zeigt Brutalität der Sicherheitskräfte bei Selbstverbrennung Danach sollen laut Augenzeugen die Sicherheitskräfte mit nagelbesetzten Keulen auf die Tibeter eingeschlagen und sogar mit scharfer Munition geschossen haben, wobei mehrere schwer verletzt wurden. Lobsang Jamyang starb zwei Tage später an seinen Brandverletzungen. Seine Verwandten im Exil berichteten, später sei die Polizei mit Schadenersatzforderungen an seine Angehörigen gelangt. Durch das Feuer seien die Polizeiuniformen beschädigt worden. Protest gegen Schliessung einer lokalen Organisation gewaltsam beendet Die Polizei rechtfertigte die Aktion damit, dass die Organisation „illegal“ sei, weil sie politische Ziele verfolge. Als die Tibeter protestierten, wurden sie geprügelt; dabei gab es mindestens 10 Verletzte. Auch am folgenden Tag versammelten sich nochmals etwa 2000 Tibeter aus Protest. Darauf wurden bis auf 33 Personen alle Verhafteten freigelassen. Seitdem sind die Dörfer von jeder Kommunikation abgeschnitten, so dass es keine weiteren Informationen gibt. Quellen: Radio Free Asia; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; International Campagin for Tibet ICT
7. April 2012 (2)
Region Drango Sicherheitskräfte schwärmten danach in die Umgebung aus und verhafteten während Razzien und Hausdurchsuchungen in verschiedenen Dörfern mehrere Tibeter, von denen zwölf namentlich bekannt sind. Weiterhin starben zwei Tibeter am 9. Februar, als Sicherheitskräfte von mehreren Seiten das Feuer auf ein Haus eröffneten, in dem sie sich versteckt hatten [vergl. Tibet-Information vom 19. März; UM]. Inzwischen wurde bekannt, dass 11 Tibeter, die sich an den Protesten im Januar beteiligt hatten und festgenommen worden waren, zu Haftstrafen von 3 bis 13 Jahren verurteilt wurden. Kloster Bora Als Reaktion auf die Verhaftungen fand eine Versammlung von Mönchen im Kloster Bora statt, die den Sicherheitskräften, die das Kloster abgeriegelt hatten, eine Protestnote gegen die Verhaftungen überreichten. Schliesslich wurden die 40 Mönche am gleichen Tag wieder freigelassen, jedoch unter der Bedingung, dass alle eine Erklärung unterzeichnen, in der sie ihre „Fehler“ bereuen und alle Portraits des Dalai Lama und tibetische Flaggen aushändigen. Zwei Tage später wurden erneut 4 Mönche verhaftet und bisher nicht entlassen. Zatoe, Provinz Yushul Khenpo Gyewala hatte eine Schule gegründet, die während der Winterzeit, wenn die öffentlichen Schulen geschlossen sind, Kinder in tibetischer Sprache, Grammatik, Religion und Kultur unterrichtet. Die Schule wurde von 800 Kindern aus Nomadenfamilien, oder kürzlich im Rahmen der Umsiedlungen sesshaft gemachten Nomadenfamilien, besucht und sollte der steigenden Zahl von Analphabeten entgegen wirken. Khenpo Gyewala war bereits am 10. Februar verhaftet worden, nachdem er gegen das kurzfristig erlassene Verbot eines religiösen Festes in seinem Kloster protestiert hatte. Nachdem sich etwa 800 protestierende Schüler vor dem Gebäude der Öffentlichen Sicherheit (PSB) versammelt hatten, wurde er wieder frei gelassen, mit der Auflage, sich nicht aus dem Kloster zu entfernen. Dann verschwand er am 8. März, und sein Aufenthaltsort ist bis jetzt unbekannt. Seine Schwester, die sich mehrfach bei den Sicherheitskräften nach seinem Verbleib erkundigt hatte und immer wieder abgewiesen wurde, sei am 15. März bei einem lauten Disput im PSB-Gebäude plötzlich zusammengebrochen und später in einem Spital verstorben. Nähere Informationen zu diesem Vorfall sind bisher nicht erhältlich. Quellen: Radio Free Asia; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
7. April 2012
Lobsang Sherab (20 Jahre, Mönch) Tenpa Dhargyal (22 Jahre) und Chime Palden (21 Jahre), beide Mönche Laut Augenzeugen lebten beide, als sie von Sicherheitskräften in das lokale Spital gebracht wurden, jedoch gibt es seitdem keine Nachrichten über ihren Zustand. Als Mönche von ihrem Kloster von dem Vorfall erfuhren, wollten sie zum Ort der Selbstbrennung eilen, jedoch wurde ihr Fahrzeug unterwegs von Sicherheitskräften aufgehalten. Chime Palden verbrachte bereits vor 2 Jahren einen Monat in Haft, nachdem Sicherheitskräfte bei einer Razzia ein Foto des Dalai Lama, eine tibetische Flagge und ein verbotenes Freiheitslied auf seinem Mobiltelefon entdeckt hatten. Handgranaten gegen Protestierende, ein Kind getötet Die friedlichen Proteste gegen die Verhaftungen zogen sich über drei Tage hin, bis dann die Sicherheitskräfte Tränengas und Handgranaten einsetzten. Ausser dem getöteten Jungen wurden noch sieben Tibeter schwer verletzt und in ein Spital gebracht. Quellen: Radio Free Asia; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
19. März 2012 (2) Viele Mönche verliesen darauf die Klöster. Darauf kam es zu Petitionen der Einwohner, die Mönche ungestört zu lassen, anderfalls sei niemand mehr für die religiösen Rituale da. Ein öffentlicher Aushang in der Ortschaft Markhug drohte den Mönchen sodann, dass man noch „andere Massnahmen“ treffen werde, sollten sie nicht in die Klöster zurückkehren. Von mindestens drei Klöstern ist bekannt, dass diese nach dem Auszug der Mönche geschlossen wurden. Auch hier waren „Umerziehungssitzungen“ abgehalten worden, und chinesische Offizielle hatten darauf bestanden, dass die Klöster die chinesische Flagge hissen. In der Region wurden die „Nachbarschaftskommittees“ der Dörfer zur speziellen Wachsamkeit angewiesen. Niemand dürfe Mönchen Herberge anbieten, wenn sie ihre Klöster verlassen hätten, und die Behörden seien umgehend darüber zu informieren. Jagd auf Protestierende im Bezirk Drango mit Toten Bei systematischen Hausdurchsuchungen und Festnahmen wird oft Gewalt angewandt. Nicht nur Mönche, sondern auch Intellektuelle, Kulturschaffende und Umweltschützer werden verhaftet, nicht selten mit Gewalt und Misshandlungen. Im Kloster von Drango wurden wieder „Umerziehungssitzungen“ aufgenommen, und in der Schule wird „patriotischer Unterricht“ durchgeführt. Von besonderer Gewalt war die Familie des Mönches Yeshe Rigsel betroffen. Dieser hatte bei den Protesten am 23. Januar Fotos gemacht. Später war er aus Furcht vor Verhaftung mit seinem Bruder geflohen. Nach einem Bericht von Augenzeugen hatten Sicherheitskräfte beide am 9. Februar im Winterquartier der Familie ausfindig gemacht. Nachdem sie mit Gewalt in das Haus eingedrungen waren, kam es zwischen den Sicherheitskräften und Familienmitgliedern zu einem Handgemenge. Danach verliesen die Sicherheitskräfte das Haus wieder, aber, anstatt abzuziehen, eröffneten sie von mehreren Seiten das Feuer. Augenzeugen berichten von einem „Kugelhagel“, in dem Yeshe Rigsel und sein Bruder ums Leben kamen. Zahlreiche andere Familienmitglieder wurden von den Kugeln zum Teil schwer verletzt. Yeshe Rigsels Mutter musste später ein Arm amputiert werden. Später wurde gesehen, wie die Körper von Yeshe Rigsel und seinem Bruder mit Seilen um den Hals weggeschleift wurden. Auch wurden die Motorräder der Familie verbrannt.
Quellen: Radio Free Asia; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
19. März 2012 Gyepe (18 Jahre, Mönch) Jamyang (34 Jahre, Mönch) Als sich Anwohner in Solidarität zu ihm vor dem Kloster versammelten und Gebete rezitierten, wurden sie von Sicherheitskräften umringt und eingeschlossen, hörten aber trotz Drohungen nicht damit auf, Gebete zu rezitieren. Einen Tag vor der Selbstverbrennung hatten etwa 4‘000 Mittelschüler in Rebkong und in dem Nachbarbezirk Tsekhog für die Verwendung der tibetischen Sprache im Unterricht demonstriert. Sie wurden daraufhin am Verlassen der Schule gehindert. In der Region war es schon im Herbst 2010 zu Schülerprotesten gegen die Verdrängung der tibetischen Sprache aus dem Schulunterricht gekommen [vergl. Tibet-Informationen vom 22., 25., 29. Oktober, 24. November und 7. Dezember 2010; UM]. Lobsang Tsultrim (20 Jahre, Mönch) Als Reaktion auf die Selbstverbrennung wurden die Armeeposten vor dem Kloster nochmals verstärkt und weitere Kontrollstationen auf den Einfallstrassen nach Ngaba errichtet. Sonam Dhargye (43 Jahre, Bauer) Quellen: Radio Free Asia; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
6. März 2012
Tsering Kyi (19 Jahre, Mittelschülerin) Die Mittelschule von Machu war bereits früher Schauplatz von Spannungen. Schüler seien in den vergangengen Wochen unter dem Verdacht festgenommen worden, an Protestaktionen beteiligt gewesen zu sein. Unmittelbar nach der Selbstverbrennung wurde die Schule von Sicherheitskräften abgeriegelt. Nicht einmal die Eltern haben noch Kontakt mit ihren Kindern. Die Schülerinnen und Schüler werden einzeln verhört. Internetcafes wurden geschlossen, und Mobiltelefone von Tibetern werden kontrolliert, ob von ihnen Bilder und Nachrichten in das Ausland geschickt wurden. Rinchen (33 Jahre, vierfache Mutter) Den Mönchen von Kirti gelang es, ihren Leichnam in das Kloster zu bringen. Rinchen, die verwitet ist, hinterlässt vier Kinder im Alter von 13 Jahren bis wenigen Monaten. Ihr Mann starb vor einem Jahr. Dorje (19 Jahre) Dorje stammt aus derselben ländlichen Region wie Rinchen, die sich am Tag zuvor selbst verbrannt hatte. Quellen: Süddeutsche Zeitung;Focus; International Campaign for Tibet
2. März 2012 Die Medien berichteten auch über zahlreiche Filmpremieren in den Kinos von Lhasa, über die festliche Beleuchtung seiner historischen Bauwerke einschliesslich der Klöster, von vollen Restaurants und einer „freudig-erwartungsvollen“ Stimmung mit fröhlichen Menschen. In starkem Kontrast zu diesen Meldungen stehen die Warnungen von Kadern vor „sezessionistischen Sabotageakten“, die angeblich zum 10. März, dem Jahrestag des Volksaufstandes von 1959, von der „Dalai-Clique“ geplant seien. Die in Beijing erscheinende englischsprachige Zeitung „Global Times“ warnte gar mit der Titelzeile „Tibets Offizielle bereiten sich auf Krieg vor.“ Die Überwachung von Internet und Mobiltelefonen wurde nochmals verschärft. Zunehmende Repression zwingt Mönche zum Verlassen ihrer Klöster Im Kloster Bekar in der nordtibetischen Präfektur Nagchu verliessen die meisten Mönche nach Drohungen von Kadern, die sich zunehmend im Kloster einquartiert hätten, ihre Behausungen. Bewohner des Ortes hätten daraufhin die Leichen von Verstorbenen vor dem Verwaltungsgebäude abgelegt, um dagen zu protestieren, dass niemand mehr die Totenrituale durchführen kann. Auch von anderen Klöstern wird berichtet, dass immer mehr Mönche weggehen, etwa wenn die Behörden religiöse Zeremonien verbieten, oder das Hissen der chinesischen Flagge oder das Aufhängen der Portraits von kommunistischen Führern anordnen. Protestaktionen und Verhaftungen In der osttibetischen Präfektur Kardze, nahe Serthar, das bereits im Januar Schauplatz der blutigen Niederschlagung eines Protests war [vergl. Tibet-Information vom 26. Januar 2012; UM], versammelten sich auf einer Strasse Mönche zu einem Gebet, worauf sich weitere Tibeter dazu gesellten, die die verbotene tibetische Nationalfahne hochhielten und ein Transparent mit dem Namen der Personen entrollten, die sich selbst verbrannt hatten. Die Sicherheitskräfte schritten nicht ein, fotografierten aber die Beteiligten – möglicherweise um sie später festzunehmen, ohne Aufsehen zu erregen. In Yushul in der nordtibetischen Provinz Qinghai führten Mönche des Klosters Zikar einen 11 km langen Protestmarsch an. An einer Brücke versperrten Sicherheitskräfte den Weg, worauf die Menge auf etwa 1000 Personen anwuchs. Während die meisten Tibeter unbehelligt blieben, wurden 25 Mönche als Rädelsführer in einem lokalen Schulgebäude festgesetzt, wo sie ebenso wie die übrigen Mönche im nun abgeriegelten Kloster Zikar einer „patriotischen Umerziehung“ unterworfen werden. Quellen: Süddeutsche Zeitung; Blick; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
20. Februar 2012 Damchoe Sangpo (etwa 40 Jahre) Er hatte sich in der Vergangenheit den lokalen Behörden entgegenstellt und sie aufgefordert, das Kloster zu verlassen, nachdem sie sich nach einem Vorfall vor einiger Zeit in die Angelegenheiten des Klosters eingemischt hatten. Ein Mönch des Klosters hatte gegen den Abbau von Silber in der Nähe protestiert und war nach seiner Aktion verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Im Januar wurde die Zahl der um das Kloster postierten Sicherheitskräfte erhöht, die die Mönche bei der Abhaltung von Zeremonien hinderten. Die Sicherheitskräfte drohten, das Kloster zu schliessen, wenn die Mönche nicht an der „Patriotischen Umerziehung“ teilnehmen. Nach seiner Selbstverbrennung wurden alle Telefon- und Internetleitungen in die Region unterbrochen. Laut Informanten führen Sicherheitskräfte Razzien im Kloster durch. Nangdrol (18 Jahre) Sicherheitskräfte versuchten, sich des Leichnams zu bemächtigen, doch gelang es den Mönchen des Klosters, seinen verbrannten Körper zur Abhaltung der letzten Riten ins Kloster zu bringen. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
17. Februar 2012 Aus Indien zurückkehrende Pilger in „Politischer Umerziehung“ Nach Informationen von Human Rights Watch sind diese Tibeter zur „Politischen Umerziehung“ interniert. Diese Massnahme, die zuletzt während der Kulturrevolution in den 70-er Jahren in grossem Stil praktiziert wurde, soll in der Regel zwischen 20 Tagen und 3 Monaten dauern. Trotz Nachrichtensperre: Bilder und Berichte aus Ngaba Deren eindrucksvolle Berichte samt Bildmaterial sind unter http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-china-16908985 und http://www.guardian.co.uk/world/video/2012/feb/10/inside-tibet-heart-protest-video zu finden. Quellen: Aargauer Zeitung; Human Rights Watch/Focus; BBC/Guardian
14. Februar 2012 Sicherheitskräfte löschten die Flammen, prügelten aber auch gleichzeitig auf ihn ein. Er wurde fortgeschafft, ohne dass Weiteres über seinen Zustand bekannt ist. Zwei weitere tibetische Jugendliche, die Zeugen des Vorfalls wurden, wurden ebenfalls von Sicherheitskräften geprügelt. Einer konnte mit Hilfe von anderen Tibetern fliehen, während der zweite, der am Arm und Kopf blutende Wunden aufwies, von Sicherheitskräften abgeführt wurde. Danach wurde die Zahl der Kontrollstellen mit Sicherheitskräften in Ngaba nochmals erhöht, und Tibeter auf der Strasse werden teils willkürlich durchsucht. Zehn von 27 in China inhaftierten Journalisten sind Tibeter Auch sind seit einigen Tagen populäre Internetseiten mit tibetischen Blogs, wie Rangdrol.net und AmdoTibet gesperrt. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
13. Februar 2012 Am 8. Februar setzte sich der 19-jährige Rinzin Dorjee in Flammen. Sicherheitskräfte löschten die Flammen und brachten ihn in ein Spital. Weiteres ist über ihn nicht bekannt, aber Informanten beschrieben seinen Zustand als „an der Schwelle des Todes“. Rinzin Dorjee hatte aus unbekannten Gründen im Jahre 2010 das Kloster Kirti, das seit der Selbstverbrennung im März 2011 von Sicherheitskräften belagert wird [vergl. Tibet-Information vom 21. März 2011;UM], verlassen und lebte seitdem bei seinen Eltern. Zwei Mönche, die Zeugen seiner Selbstverbrennung waren, wurden verhaftet. Weiteres ist über sie nicht bekannt. Am 11. Februar folgte die 18-jährige Nonne Tenzin Choedon. Auch sie setzte sich im Bezirk Ngaba an einer Strassenkreuzung, nahe ihrem Kloster, in Flammen und rief Parolen gegen die chinesische Herrschaft in Tibet. Tenzin Choedon stammt aus dem Kloster Dechen Choekhorling. Aus dem gleichen Kloster hatte sich schon am 17. Oktober letzten Jahres eine Nonne selbst verbrannt und war verstorben [vergl. Tibet-Information 18. Oktober 2011; UM]. Tenzin Choedon wurde von Sicherheitskräften in ein Spital gebracht; weiteres über ihren Zustand ist nicht bekannt. Das Kloster ist von Sicherheitskräften umstellt, Bewohner bezeichnen es als „Belagerung“. Im Ort Ngaba kommen nach Angaben von Bewohnern inzwischen drei Sicherheitskräfte auf jeden Einwohner. Patrouillien mit Schuss- und Schlagwaffen sind überall im Ort zu sehen, und paramilitärische Kräfte marschierten durch die Strassen. Vor dem Kloster Kirti stehen 40 bis 50 Militärfahrzeuge. Eine Gebetsfeier im Kloster musste abgebrochen werden. Selbst chinesische Ladenbesitzer fürchten, dass die Repression nur noch mehr Gewalt provoziert, schlossen ihre Läden und verliessen die Region. In der Gemeinde Barma im Bezirk Dzamthang, wo am 27. Januar ein Tibeter bei Protesten erschossen wurde, wurden den Tibetern unterschriebene Erklärungen in chinesischer Sprache abverlangt, die die Protestaktionen verurteilen. Wer nicht Chinesisch konnte, musste seine Erklärung auf dem Polizeiposten mündlich vortragen, wo sie dann protokolliert wurde. Kommunistische Parteifunktionäre wegen „Versagens“ entlassen Verwundeter Tibeter auf der Flucht erschossen Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy THCRD; Radio Free Asia; freetibet.org; Wiener Zeitung; Phayul
7. Februar 2012 In Serthar waren bis zu 5 Tibeter getötet worden, als Sicherheitskräfte das Feuer auf protestierende Tibeter eröffneten [vergl. Tibet-Information vom 26. Januar 2012; UM]. Einer der Tibeter ist nach Informanten von Radio Free Asia sofort gestorben, zwei weitere hätten mit schweren Verbrennungen überlebt. Während die Identität des Toten nicht bekannt ist, wurden die Namen der beiden Überlebenden mit Tsering, 60 Jahre alt, und Kyari, 30 Jahre alt, angegeben. Journalisten riefen eine Beamtin in der lokalen Verwaltung des Bezirks Serthar an, die jedoch den Vorfall dementierte. Falls diese Nachrichten zutreffen, steigt die Zahl der Selbstverbrennungen seit 2009 auf 20, davon allein 19 seit einem Jahr. Bilddokumente von Protesten in Drango Nach Berichten aus Drango wagen sich Tibeter nicht mehr in die Innenstadt, da sie sonst Gefahr laufen, verhaftet und während Verhören misshandelt zu werden. Quellen: Radio Free Asia; Der Stern
4. Februar 2012 Abriegelung von Regionen in Sichuan und Gansu Aushängen von chinesischen Flaggen und Portraits von Politikern Ausweiszwang Personenkontrollen und Hausdurchsuchungen Aus Indien zurückkehrende Pilger verhaftet Am Grenzübergang von Nepal nach Tibet im Ort Drangmo (chin. Zhangmu) wurden vom Büro für Öffentliche Sicherheit eigens 12 Kontrollposten eingerichtet, die zurückkehrende Tibeter kontrollieren und verhören. Schon früher hatten Tibeter geklagt, dass ihnen bei diesen Kontrollen religiöse Gegenstände, sogar ihre Gebetsketten, oder in Indien gekaufte Medikamente weggenommen würden, und dass sie mitunter mit vorgehaltener Waffe bedroht und eingeschüchtert würden. Quellen: ORF; Phayul; Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD
26. Januar 2012 Die Nachrichten von Informanten deuten darauf hin, dass sich an mehreren Orten Proteste ereigneten, denen von Sicherheitskräften mit Waffengewalt begegnet wurde, und dass es mehrere Todesopfer gab. In Drango [vergl. Tibet-Information vom 23. Januar 2012; UM] soll es unbestätigten Meldungen zufolge nicht nur ein, sondern bis zu 6 Todesopfer gegeben haben. Nahezu 40 verwundete Tibeter sollen im Kloster Zuflucht gesucht haben, da sie sich nicht trauten, aus Furcht vor Verhaftung und Misshandlung das lokale Spital aufzusuchen. Einige von ihnen befinden sich wegen ihrer schweren Schussverletzungen in kritischem Zustand. In der Nachbarprovinzu Ngaba (chin. Aba), in dem das Kloster Kirti, Ort der meisten Selbstverbrennungen, liegt, sollen mehrere hundert Mönche und Laien einen Sitzstreik veranstaltet haben. Sie entblössten ihren Oberkörper und rezitierten Gebete, später marschierten sie gegen die aufgebotenen Sicherheitskräfte weiter und riefen Parolen zur Freiheit Tibets und für die Rückkehr des Dalai Lama. Es ist nicht bekannt, ob dieser Protest niedergeschlagen wurde. Eine grosse Zahl von Opfern soll es auch in der Stadt Serthar, Präfektur Kardze (heutige chinesische Provinz Sichuan), gegeben haben. In Serthar, das schon im Oktober Schauplatz eines Protestes wurde [vergl. Tibet-Information vom 4. Oktober 2011; UM], sind nach Meldung von Augenzeugen bis zu 5 Tibeter erschossen worden, weitere 10 seien verwundet und etwa 40 verhaftet worden. Die Proteste begannen am 23. Januar, als im Ort Plakate gesehen wurden, die die offiziell verbotene tibetische Nationalflagge, Parolen für die Freiheit Tibets und die Rückkehr des Dalai Lama zeigten und ankündigten, dass weitere Selbstverbrennungen folgen würden, wobei die Leichname nicht in die Hände der Polizei fallen dürften. Am 24. Januar versammelten sich etwa 300 Tibeter vor der örtlichen Polizeistation von Sertar. Die Sicherheitskräfte hätten wahllos in die Menge geschossen. Niemand traue sich mehr auf die Strasse, da auf alle Menschen, die sich dort bewegen, geschossen werde. Alle Strassenkreuzungen seien von Sicherheitskräften besetzt. Hotels, Geschäfte und öffentliche Einrichtungen seien geschlossen. Der Ort stehe praktisch unter Kriegsrecht mit einer Ausgangssperre. Die offizielle Nachrichtenagentur Xinhua gab schlussendlich die Unruhen zu und sprach von einem „Mob“, der die Polizeistation und eine Bank zu stürmen versuchte. Die Sicherheitskräfte hätten erst zu den Waffen gegriffen, als alle anderen Versuche fehlschlugen, wobei es zwei Todesopfer gab. Der Dalai Lama und Organisationen im Exil hätten diese „vorbereitete und organisierte Gewalt“ zu verantworten. Quellen: Tibetan Center for Human Rights and Democracy TCHRD; Phayul; Radio Free Asia RFA; Der Standard (Österreich) 16. Januar 2012 Weitere Selbstverbrennung in Tibet – Polizei erschiesst Protestierende Am 14. Januar kam es wiederum zu einer Selbstverbrennung in Ngaba, das schon vorher Schauplatz von 11 Selbstverbrennungen war. Ein tibetischer Laie, dessen Namen und Alter unbekannt sind, erlag noch am Ort seinen Brandverletzungen. Nach Berichten von Augenzeugen löschte zwar die herbeigeeilte Polizei die Flammen, habe aber während des Löschens mit einem Schlagstock auf die Person eingeprügelt. Als sich daraufhin etwa 700 aufgebrachte Tibeter versammelten und die Herausgabe des Leichnams forderten, setzte die Polizei Tränengas und Schusswaffen ein. Während ICT berichtet, der Protest habe sich am Ort der Verbrennung zugetragen, schildert Phayul die lokale Polizeistation als Ort des Aufruhrs. Auch gehen die Berichte auseinander, was die Opfer angeht. Laut ICT starben zwei Tibeter durch die Schüsse, während Free Tibet Campaign von einer weiteren getöteten Tibeterin berichtet. Übereinstimmend berichten Augenzeugen auch von einem „starken Gas“, das eingesetzt wurde, um die Protestierenden zu zerstreuen, worauf „viele zu Boden fielen“ und von Sicherheitskräften verprügelt wurden. Es soll weitere Verletzte gegeben haben, wobei unklar ist, ob durch Schüsse, Schläge oder durch das Gas. Auch sollen zahlreiche Personen verhaftet worden sein. China diskreditiert Tibeter, die sich selbst verbrannten Quellen: Phayul; International Campaign for Tibet ICT, Free Tibet Campaign
10. Januar 2012 Sonam Wangyal, auch kurz Sopa genannt, trank Kerosin und verteilte den Rest auf seiner Kleidung, bevor er sich vor einer Polizeistation in Darlag in der Region Golog in Nordost-Tibet anzündete. Während er in Flammen stand, rief er Parolen zur Freiheit Tibets und ein langes Leben für den Dalai Lama. Er hinterliess ein Schriftstück, auf dem er mitteilte, er tue dieses nicht „zum persönlichen Ruhm, sondern für Tibet und für das Glück der Tibeter.“ Er ergänzte unter anderem: „Die Tibeter sollten in ihrer Entschlossenheit nicht nachlassen. Die Tage der Freude werden sicher kommen.“ Nachdem Sicherheitskräfte die verbrannte Leiche entfernt hatten, versammelten sich hunderte von Tibetern, um die Herausgabe zu verlangen. Später hielten dort etwa 2‘000 Menschen mit Kerzen eine Mahnwache ab, worauf ihnen die Polizei den Leichnam übergab. Nach Informationen von RFA sind die Sicherheitskräfte in der Region Golog massiv verstärkt worden, nachdem Plakate auftauchten, die Sopas Tat loben und zu einem Boykott chinesischer Waren aufrufen. Auch werden in den kommenden Tagen tausende von Tibetern zu einer Gedenkfeier in seinem Kloster erwartet. Beide Tibeter, die sich am 6. Januar anzündeten, sind verstorben Als Zeichen der Wertschätzung und Trauer waren alle tibetischen Läden in Ngaba am Tag darauf geschlossen. Quellen: Phayul; Radio Free Asia RFA 9. Januar 2012 Wieder Selbstverbrennungen in Tibet Am 6. Januar haben sich zwei weitere Personen in Ngaba, dem Ort der meisten Selbstverbrennungen seit letztem Jahr, in Brand gesetzt. Es handelt sich um die 13. und 14. Fälle seit Beginn der Serie vor fast einem Jahr. Die Namen der beiden Männer sind nicht bekannt. Einer der beiden sei ein Mönch gewesen, der andere ein Laie. Beide zündeten sich auf einer Hauptstrasse in Ngaba, nahe des Klosters Kirti, in Brand. Sie hätten die Hände zu einer Gebetsgeste geformt und sich dem Kloster zugewandt, dabei Parolen für die Freiheit Tibets und die Rückkehr des Dalai Lama gerufen. Sicherheitskräfte hätten die Flammen gelöscht und beide abtransportiert. Über ihr Schicksal ist nichts bekannt. Der Vorfall wurde durch einen Tibeter aus der Region bestätigt, der sich derzeit zur Kalachakra-Zeremonie in Bodh Gaya in Nordindien aufhält und telefonisch Kontakt zu Angehörigen in Ngaba hatte. Am Ort der Erleuchtung Buddhas hält sich auch der Dalai Lama auf, der die religiösen Belehrungen zur Kalachakra-Zeremonie gibt. Nach Angaben des Pilgerbüros in Bodh Gaya sind dort über 9‘000 Tibeter und schätzungsweise 1‘200 chinesische Buddhisten registriert. Quellen: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy TCHRD; Radio Free Asia |