logo move for tibet
News

2023 | 2022 | 2021 | 2020 | 2019 | 2018 | 2017 | 2016 | 2015 | 2014 | 2013 | 2012 | 2011 | 2010 | 2009 | 2008 | 2007 | 2006 | 2005 | 2004 | 2003

 

 

Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft
zusammengestellt von Dr. Uwe Meya

13. Dezember 2016
Selbstverbrennung in Tibet
Am 8. Dezember ereignete sich in Machu im Nordosten Tibets, heute chinesische Provinz Gansu, eine Selbstverbrennung. Der 33-jährige Tashi Rabten setzte sich abends gegen 19 Uhr lokaler Zeit an einer Hauptstrasse in Brand und erlag seinen Brandverletzungen. Sein Leichnam wurde von der Polizei fortgeschafft. Er hatte sich in einer öffentlichen Toilette nahe dem Gemüsemarkt von Machu mit Benzin übergossen. Laut Angaben von Augenzeugen rief er, während er schon in Flammen stand, Parolen wie „Möge Seine Heiligkeit, der Dalai Lama 10‘000 Jahre leben“ und „Lasst Seine Heiligkeit nach Tibet zurück kehren“.

Tashi Rabten hinterlässt seine Frau mit 3 Kindern. Fast an der gleichen Stelle hatte sich sein Cousin, der 20-jährige Student Tsering Kyi, am 3. März 2012 in Brand gesetzt und war ebenfalls gestorben [vergl. Tibet-Information vom 6. März 2012; UM].

Unmittelbar nach der Selbstverbrennung kamen Polizisten zu seiner Wohnung und verhörten die Frau von Tashi Rabten. Es gibt unterschiedliche Angaben, was mit der Familie geschah. Nach einer Quelle wurden seine Frau und seine 15-jährige Tochter von der Polizei mitgenommen; nach anderen Angaben sämtliche Familienmitglieder. Weitere Verwandte wurden ebenfalls verhaftet, als sie sich vor dem Büro für Öffentliche Sicherheit einfanden und die Herausgabe des Leichnams forderten.

Radio Free Asia, 8. und 9. Dezember 2016
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD), 9. Dezember 2016

800 Nonnen von Larung Gar im Internierungslager
Wie Radio Free Asia (RFA) berichtet, sind 800 von Larung Gar weggewiesene Nonnen in einem Lager nahe dem Dorf Ahkyab in der Präfektur Kardze im Nordosten interniert worden. Ein Foto (http://www.rfa.org/english/news/tibet/nuns-12092016144033.html), das RFA von Informanten erhielt, zeigt das Lager, das in einer kargen, wüstenähnlichen Landschaft liegt. Es handelt sich um insgesamt 27 doppelstöckige Betonbauten mit Wellblech-Dächern mit insgesamt 648 kleinen Wohneinheiten. Hier sollen 800 Nonnen untergebracht sein, die entweder allein wohnen oder sich die kleinen Wohneinheiten zu zweit teilen. Darüber hinaus zeigt das Foto eine Zufahrsstrasse und weitere, einzeln stehende grössere und kleinere Gebäude mit unklarer Bestimmung.

Es ist unklar, ob hier „politische Umerziehung“ durchgeführt wird oder was sonst mit den Nonnen geschieht. Ebenso ist nicht ersichtlich, ob und wie dieses Lager bewacht ist, und ob es sich um einen temporären oder permanten Aufenthalt handelt.

Radio Free Asia, 9. Dezember 2016

 

8. Dezember 2016
Weitere Nachrichten über die Zerstörung von Larung Gar
Angesichts der Nachrichtensperre ist es schwierig, präzise Angaben über das Ausmass der Zerstörungen und die Zahl der ausgewiesenen Personen zu erhalten. Die Schätzungen von lokalen Informanten liegen zwischen 3‘000 und 4‘500 ausgewiesenen Personen; das Ziel der Regierung liegt bei 5‘000 Personen. Sicher ist, dass über 1‘000 Behausungen abgerissen wurden. Trotz der Schwierigkeiten, genaue Informationen zu erhalten, gelang es, Videos und Bilddokumente ins Ausland zu senden. Daraus ergibt sich, dass neben zwangsweiser „politischer Umerziehung“ [vergl. Tibet-Information vom 17. November 2016; UM] auch Drohungen und Demütigungen eingesetzt werden.

Drohungen und Demütigungen
Bewohner, die noch nicht weggewiesen wurden oder die Abreise noch nicht angetreten haben, werden zusätzlich unter Druck gesetzt, indem Regierungskader zur Zerstörung vorgesehene Behausungen durch Aufkleber markieren. Weitere Aufkleber an den Türen der Betroffenen kündigen ihnen politische Umerziehungssitzungen an. Nicht selten werden auch Eingänge der Behausungen von Weggewiesenen mit Schlössern versehen, um sie an der Rückkehr zu hindern, oder zu verhindern, dass andere in die leeren Behausungen einziehen.

Noch schockierender sind in das Ausland gelangte Videos, die Nonnen zeigen, die unter Zwang „patriotische“ Gesänge und Tänze aufführen. Beim ersten Video tragen die Nonnen Armeekleidung und singen „Tibeter und Chinesen sind Kinder der selben Mutter“. Im zweiten Video führen sie einen Tanz zu dem populären „Lied der befreiten Sklaven“ auf.

Ebenso sind Kopien der Verpflichtungserklärungen in das Ausland gelangt, die die Ausgewiesenen unterschreiben müssen[vergl. Tibet-Information vom 17. November 2016; UM]. Sie verpflichten sich darin, nie wieder nach Larung Gar zurückzukehren, aber sich auch keinem anderen Kloster anzuschliessen und die „Einheit der verschiedenen Nationalitäten“ und die „soziale Stabilität“ zu fördern. Bildmaterial, Videos und Kopien der Verpflichtungserklärungen sind bei ICT unter untem stehendem Link zu finden.

International Campaign for Free Tibet (ICT), 7. November 2016. Bildmaterial unter http://www.savetibet.org/distressing-scenes-at-tibetan-buddhist-academy-larung-gar-as-monks-and-nuns-compelled-to-leave/

Radio Free Asia, 28. November 2016

(Videos der Gesänge und Tänze unter: https://www.facebook.com/robbie.barnett.14/videos/vb.678252483/10153928642247484/?type=2&theater und https://www.facebook.com/robbie.barnett.14/videos/vb.678252483/10153933534462484/?type=2&theater

Ältere Mönche und Nonnen werden ausgewiesen, Han-Chinesen verschont

Nachdem die Ausweisungen in den vergangenen Wochen vornehmlich gemäss der Heimatprovinz der Bewohner erfolgte [vergl. Tibet-Information vom 11. November 2016; UM], werden jetzt gezielt ältere Mönche und Nonnen ausgewiesen. Viele von ihnen wohnen seit vielen Jahren dort und haben inzwischen das Alter von 70 Jahren oder darüber erreicht. Die Betroffenen, ob jung oder alt, werden teilweise in Fahrzeugen bis in 2000 km Entfernung von Larung Gar gebracht.

Auffallend ist, dass die Behausungen von Laienpersonen, die Han-Chinesen sind, von der Zerstörung ausgenommen werden. Ihre Eingangstüren werden von Kadern mit gelber Farbe markiert.

Radio Free Asia, 28. November 2016

Drohungen und Sanktionen gegen Mongolei wegen Besuch des Dalai Lama
Nach Drohungen und Sanktionen gegen die Tschechische Republik und die Slowakei wegen des Besuches des Dalai Lama [vergl. Tibet-Information vom 21. und 30. Oktober 2016; UM] kam nun die Mongolei an die Reihe.

Im Vorfeld des viertägigen Besuches des Dalai Lama Ende November, der als strikt religiöser Besuch ohne offizielle Empfänge angekündigt wurde, setzte das chinesische Aussenministerium die Regierung der Mongolei bereits unter Druck und verlangte die Absage. Ein Sprecher sagte: „Um das generelle Bild einer robusten und stetigen Entwicklung unserer bilateralen Beziehungen zu bewahren, verlangen wir in aller Deutlichkeit, dass die Mongolei sich ihrer Position zu Tibet-Fragen verpflichtet fühlt, den Besuch des Dalai Lama nicht erlaubt und der Dalai-Clique keinerlei Unterstützung und Annehmlichkeiten zukommen lässt.“

Die wirtschaflich angeschlagene Mongolei, die sich derzeit bei China um ein Darlehen von umgerechnet 4.2 Milliarden US-Dollar bemüht, widerstand dem Druck und erlaubte den Besuch des Dalai Lama, der grosse Menschenmassen anzog.

Prompt erliess China nach dem Besuch Strafgebühren auf Gebrauchsgüter und Rohstoffe, die aus der Mongolei nach China eingeführt werden. Für Edelmetalle und Kupfer werden am Grenzübergang Gashuun Sukhait 0.2% des Gesamtwertes als „Gebühr“ berechnet. Jedes Fahrzeug, das mit Gütern die Grenze überquert, muss pro Fahrt eine Gebühr von umgerechnet US$ 1.45 bezahlen, und darüber hinaus noch etwa US$ 1.00 pro Tonne Ladung.

Das chinesische Aussenministerium dementierte jeglichen Zusammenhang mit dem Besuch des Dalai Lama, erklärte aber, die Mongolei müsse „wirksame Massnahmen ergreifen, um den negativen Effekt des Besuches“ zu beseitigen.

Associated Press, 18. November 2016
Reuters, 1. Dezember 2016

Passentzüge nicht nur für Tibeter, sondern auch für Uiguren
Im Vorfeld der Kalachakra-Zeremonie des Dalai Lama im Januar setzen die Behörden das Einziehen von Reisepässen bei Tibetern fort. Nun werden nicht nur Tibeter aufgefordert, ihre Pässe „für neue Stempel“ abzugeben und in Indien und Nepal befindliche Tibeter ultimativ zur Heimreise aufgefordert [vergl. Tibet-Information vom 17. November 2016; UM], sondern das jüngste Vorgehen ist noch rabiater. In manchen Regionen gehen Kader nun von Haus zu Haus und konfiszieren die Pässe auf der Stelle.

Seit Oktober werden auch in der uigurischen Unruheprovinz Xinjiang die Pässe eingezogen. Die Polizei forderte die Bewohner in sozialen Medien auf, umgehend die Pässe zu einer „Jahresinspektion“ abzugeben. Allerdings würden die Pässe nach dieser „Inspektion“ nicht mehr zurückgegeben, sondern bei der Polizei „aufbewahrt“. Laut Behördenmitteilung diene diese Massnahme der Aufrechterhaltung der „sozialen Ordnung“.

Süddeutsche Zeitung, 21. November 2016
International Campaign for Free Tibet (ICT), 2. Dezember 2016

 

17. November 2016
Weitere Nachrichten über die Zerstörung von Larung Gar
Während die Wegweisungen und Zerstörung von Behausungen in der osttibetischen Lehrstätte Larung Gar mit dem Ziel der Halbierung der Bewohner auf 5‘000 weitergeht, gibt es neue Nachrichten über willkürliche Auflagen und Restriktionen.

Verpflichtungserklärung, nicht mehr zurück zu kehren
Alle Weggewiesenen müssen zwei Dokumente unterschreiben. In dem einen verpflichten sie sich, nie wieder nach Larung Gar zurück zu kehren, und müssen anerkennen, dass ihnen Strafen drohen, sollten sie diese Verpflichtung nicht einhalten. Im zweiten Dokument verpflichten sie sich, die „Einheit der Nation“ zu bewahren und sich nicht an Aktionen gegen die Entscheidungen der Lokalregierung zu beteiligen.

Beim Rücktransport an ihre Heimatorte werden sie teilweise von lokalen Funktionären begleitet, die extra dafür nach Larung Gar angereist sind.

Politische Umerziehung an Heimatorten
Einmal zurück an ihrem Heimatort, droht den Weggewiesenen eine teilweise monatelange „Politische Umerziehung“. Diese „Umerziehungsmassnahmen“ dauern bis zu 6 Monate und werden überall in Tibet für Weggewiesene veranstaltet. Konkret ist die Internierung von etwa 100 Rückkehrern im Bezirk Nyingtri im Südosten Tibets für 2 Monate und von weiteren 300 im Bezirk Riwoche in der „Autnomen Region Tibet“ sowie im Bezirk Sershul in der angrenzenden Provinz Sichuan für einen nicht genannten Zeitraum bekannt geworden.

Die Umerziehungssitzungen, von offiziellen Stellen als „Rehabilitation“ bezeichnet, werden in tibetischer Sprache abgehalten. Die Betroffenen erhalten Lektionen über chinesische Politik und Gesetzeskunde. Dazu werden sie auch darüber unterrichtet, wie Nomaden und Farmer angeblich mit hohen Subventionen vom Staat unterstützt würden.

Religiöses Fest verboten
Ein bedeutendes Fest, das ansonsten jährlich in Larung Gar abgehalten wurde, ist von den Behörden abgesagt worden. Das achttägige Fest Dechen Shingdrup beginnt stets am 18. Tag des 9. Monats nach dem tibetischen Mondkalender, das wäre in diesem Jahr am 17. November. Während mehrerer Tage erteilen ansonsten Gelehrte und hochrangige Mönche religiöse Belehrungen, die in der Vergangenheit von mehreren tausend Tibetern besucht wurden. Dazu wurden Personen geehrt, die sich um den Erhalt der tibetischen Sprache und Kultur verdient gemacht haben.

In diesem Jahr wurde nicht nur das Festival verboten, sondern auch den verbliebenen Mönchen und Nonnen befohlen, religiöse Zeremonien nur noch in ihren jeweiligen Behausungen abzuhalten.

Radio Free Asia, 31. Oktober und 7. November 2016

„In der tibetischen Kulturregion Amdo erlebt der tibetische Buddhismus eine wahre Renaissance.“
Aus dem Prospekt für 2017 eines Schweizer Reiseveranstalters, der offensichtlich eine andere Sicht der Dinge hat.

Behörden konfiszieren Reisepässe
In allen tibetischen Regionen besuchen Regierungskader die Häuser von Tibetern und konfiszieren deren chinesische Reisepässe. Ohnehin besitzen nur noch wenige privilegierte Tibeter einen chinesischen Pass, seitdem die Regierung neue elektronische Reisepässe nur unter hohen Restriktionen ausgestellt. Seit Veröffntlichung eines Erlasses im Jahre 2012 wurden wegen der „strengen Überprüfungen“ der Empfänger fast keine neuen Reisepässe mehr an Tibeter ausgestellt, ausser sie waren in offizieller Mission unterwegs. Damals wurde angeordnet, dass alle Tibeter, die aus dem Ausland zurückkehren, ihren Pass spätestens 7 Tage nach Ankunft wieder abgeben und sich vom Büro für Öffentliche Sicherheit einer Befragung unterziehen müssen [vergl. Tibet-Information vom 13. Mai 2015; UM]. Der Erlass definiert keinen Zeitrahmen für die allfällige Rückgabe des Passes.

Die jetztige Aktion soll offensichtlich verhindern, dass Tibeter nach Indien zur Kalachakra-Zeremonie ausreisen, die im Januar 2017 vom Dalai Lama abgehalten wird. Die offizielle Begründung für diese Massnahme lautet, dass die Pässe mit neuen Regierungsstempeln versehen werden müssten und zurück gegeben werden, sobald diese Stempel eingetroffen seien.

Tibetern, die sich derzeit im Ausland aufhalten, wurde die sofortige Rückreise befohlen, auch wenn sie gültige Ausreisevisa haben. Betroffene Tibeter in Kathmandu berichteten, dass sie von ihren Familienangehörigen daheim angerufen wurden. Ihnen sei mitgeteilt worden, dass Regierungskader erschienen seien, die unter Drohungen ihre Rückreise verlangten.

Ausgenommen von der Konfiszierung sind nur solche Tibeter, die über ein Visum für Geschäftsreisen verfügen.

Radio Free Asia, 14. November 2016

 

30. Oktober 2016
Konflikt um Besuch des Dalai Lama in Prag eskaliert
Nachdem der Dalai Lama in Prag von Kultusminister Hermann empfangen wurde, sich die gesamte Staatsspitze aber zu einer ungewöhnlichen «Treueerklärung» gegenüber China genötigt sah [vergl. Tibet-Information vom 21. Oktober 2016; UM], spitzte sich der Konflikt noch weiter zu. Tschechische Firmenchefs, die um lukrative Geschäfte mit China fürchteten, sollen sich erbost über das Treffen von Minister Hermann geäussert haben. Die chinesische Botschafterin in Prag kritisierte die «antichinesischen und separatistischen Aktivitäten». Mehrere Universitäten hingegen solidarisierten sich mit Hermann, der katholischer Priester ist und früher Sprecher der Bischofskonferenz war, und in seinem Regierungsamt auch für religiöse Angelegenheiten verantwortlich ist. Demonstrativ hissten Universitäten aus Protest gegen die, so wörtlich «Anbiederung», tibetische Flaggen. Politische Kommentatoren geisselten die «Selbsterniedrigung» der Regierung und sprachen von der «vielleicht grössten Schande seit 1989».

Doch damit nicht genug. Am 28. Oktober, dem Nationalfeiertag, sollte Jiří Brady in Prag mit dem Masaryk-Orden ausgezeichnet werden. Brady ist einer der Holocaust-Überlebenden. Er entkam bei Kriegsende dem Todesmarsch, während seine Eltern und Schwester in Auschwitz ermordet wurden. Er lebt seit Kriegsende in Kanada, gründete erfolgreich eine Firma und war Gründungsmitglied der tschechisch-kanadischen Handelskammer. Auch mit 88 Jahren hält er noch regelmässig Vorträge über den Holocaust – und er ist Cousin zweiten Grades von Kultusminister Hermann.

Hermann gab an, er sei vor seinem angekündigten Treffen mit dem Dalai Lama von Staatspräsident Zeman massiv unter Druck gesetzt worden, unter anderem mit der Drohung, die Preisverleihung an Brady rückgängig zu machen. Brady gab an, er sei eine Woche vor dem Besuch des Dalai Lama in Prag von der Staatskanzlei angerufen worden, wo ihm die Preisverleihung angekündigt wurde. Man habe ihn gefragt, ob er in der Lage sei, dafür nach Prag zu reisen. Er habe sogar schon Details besprochen, etwa wie viele Gäste er mitbringen dürfe und wie er sich kleiden solle. Präsident Zeman streitet ab, dass Brady definitiv die Preisverleihung avisiert wurde. Jedenfalls verschwand Bradys Name wieder von der Liste der Preisträger, nachdem er bereits in Prag angekommen war. Aus Protest blieben dem offiziellen Staatsakt mehrere Honoratioren fern, Kritiker organisierten eine separate Feier auf dem Altstädter Ring, die Universität Olomouc verlieh Brady gleichentags einen Preis, und auch die Prager Bürgermeisterin kündigte eine Ehrung für ihn an. Brady erklärte, er müsse von Präsident Zeman keine Auszeichnung entgegennehmen, wenn dieser «keine Lust» habe, das zu tun.

Dom-Radio, 20. Oktober 2016
Prager Zeitung, 22. Oktober 2014
Radio Praha 24. Oktober 2016

Weitere Räumungen und Zerstörung in Larung Gar – nun mit Geldprämien
Die Räumung und Zerstörung von Behausungen in Larung Gar schreitet weiter voran [vergl. Tibet-Information vom 11.oktober 2016; UM]. Gemäss verordnetem Ziel der Staatsführung in Beijing sollen die Zahl der Studierenden auf 5'000 halbiert und bis Jahresende 1'000 der Behausung abgerissen werden. Die Wegweisungen aus Larung Gar werden von Funktionären der Reihe nach jeweils gemäss der Heimatprovinz der Studierenden ausgesprochen. Nun kommt noch dazu, dass den Weggewiesenen Geldprämien offeriert werden. Wer «freiwillig» geht, erhält Yuan 20'000 (umgerechnet etwa Fr. 2'800), und wer dem Abriss der eigenen Behausung zustimmt, soll nochmals Yuan 30'000 erhalten.

Radio Free Asia, 11. Oktober 2016

 

21. Oktober 2016
China droht anderen Regierungen und behindert Diplomaten
Die chinesische Regierung, die sich sonst vehement gegen vermeintliche „Einmischung in innere Angelegenheiten“ wehrt, wenn sie wegen der Menschenrechtsverletzungen kritisiert wird, protestierte und drohte in den letzten Wochen allen, die den Dalai Lama während seiner Europa-Reise empfingen. Darüber hinaus beklagte sich der Aussenminister von Kanada, dass China systematisch und regelmässig kanadische Diplomaten bei Tibet-Besuchen behindere.

...Drohung mit „Gegenmassnahmen“ gegen Europa-Parlament
Anlässlich des Besuches des Dalai Lama beim Europa-Parlament am 19. September, wo er eine Rede hielt und von Parlamentspräsident Martin Schulz empfangen wurde, beklagte sich der Sprecher des chinesischen Aussenministeriums, Lu Kang, dass man Chinas „eindringliche Einwände ignoriert“ habe. Und weiter: China lehne die „falsche Entscheidung“ des Europa-Parlaments ab, das mit seiner „irrigen Haltung Chinas Kerninteressen beschädigt“ habe. Ohne Details zu nennen, fügte der Sprecher in drohendem Unterton hinzu, dass China deswegen nicht „gleichgültig bleiben“ könne und „gemäss seiner Einschätzung der Situation weitere Massnahmen ergreifen würde.“

...„Vergeltung“ gegen die Slowakei
Nicht besser erging es der slowakischen Regierung, nachdem Ministerpräsident Andrej Kiska den Dalai Lama am 16. Oktober zum Lunch empfangen hatte. Ein weiterer Sprecher des chinesischen Aussenministeriums, Hua Chunying, erklärte, dass Kiska damit Chinas „explizite Einwände ignoriert“ habe. Das Treffen widerspreche der „Ein-China-Politik“, und seine Regierung werde eine „entsprechende Antwort“ zeigen. In recht anmassendem Ton fuhr er fort, dass das Treffen „die politische Basis der chinesisch-slowakischen Beziehungen zerstört“ habe, die slowakische Regierung die „separatistische Natur der Dalai-Lama-Clique“ anerkennen müsse und Massnahmen treffen solle, um „die negativen Folgen des Treffens zu beheben“.

...Politische Kontroverse in Prag
Unmittelbar nach dem Besuch in der Slowakei reiste der Dalai Lama nach Prag, wo er trotz chinesischer Drohungen von Vizepremier Pavel Belobradek und Kultusminister Daniel Herman empfangen wurde.

In einer Art von vorauseilendem Gehorsam gegenüber China distanzierte sich in einer gemeinsamen Erklärung die gesamte Staatsspitze von diesem Empfang. Staatspräsident Milos Zeman, Premierminister Bohuslav Sobotka, Parlamentspräsident Pavel Hamacek und Senatspräsident Milan Stech teilten hastig mit: „Persönliche Aktivitäten einiger tschechischer Politiker bedeuten keine Änderung der offiziellen Politik... gegenüber China“. Tschechien gehe von den Prinzipien der „strategischen Partnerschaft“ mit China und dessen „territorialer Integrität“ aus. Darauf fragte Kultusminister Herman, ob diese Partnerschaft nicht „auf tönernen Füssen“ stehe, wenn man den Bedarf sehe, diese mit solchen Distanzierungen zu „retten“.

Reuters, 19. September 2016
Reuters, 17. Oktober 2016
Radio Praha, 17. und 19. Oktober 2016

...Behinderungen kanadischer Diplomaten
In ungewohnter Offenheit beklagte sich der kanadische Aussenminister, Stephane Dion, über regelmässige Behinderungen durch China, wenn kanadische Diplomaten Hilfsprojekte ihrer Regierung in Tibet inspizieren wollten. Er nahm anlässlich einer Anfrage im Parlament dazu Stellung und erklärte, dass Diplomaten regelmässig durch Verzögerungen bei Reisegenehmigungen gehindert und „Beschattungen“ vor Ort belästigt worden seien.

Dion zählte im Parlament mehrere Besuche seit 2009 auf. Nie seien die Anfragen für Besuche direkt abgelehnt worden, aber sie seien durch Verzögerungen im Genehmigungsverfahren und Auflagen stark behindert worden. Manchmal wurden Genehmigungen nur für den chinesischen Projektkoordinator erteilt, nicht aber für kanadische Botschaftsmitglieder, oder man habe den Besuch auf den Ort eines einzigen Projekts beschränkt. Wenn Mitarbeiter bereits beendete Projekte inspizieren wollten, habe ihnen die Regierung der „Autonomen Region Tibet“ schlicht mitgeteilt, der Besuch „sei für Kanada nicht mehr relevant“.

Huffington Post, 5. Oktober 2016

 

Kritik an Chinas Tibet-Politik im UN-Menschenrechtsrat

Während der 33. Session des UN-Menschenrechtsrats in Genf übten mehrere westliche Staaten Kritik an der Menschenrechtspolitik Chinas und speziell der Situation in Tibet.

Der Repräsentant der Slowakei, der für die Europäische Union sprach, kritisierte die Restriktionen in der Religionsausübung sowohl in China wie auch in Tibet. Dem stimmte der Delegierte der USA zu und sprach seine Besorgnis aus über die steten „Einengungen gegen die Zivilgesellschaft“.

Die Delegierten von Frankreich, Deutschland und Grossbritanniens beklagten speziell die Belästigungen gegen politische Aktivisten und Rechtsanwälte, und die mangelnde Religionsfreiheit. Der deutsche Delegierte prangerte auch die Belästigung der Familienangehörigen von Aktivisten an.

China entgegente, man solle seine „nationale Souveränität und territoriale Integrität“ respektieren, sowie mit dem „Zurschaustellen“ Chinas und der Anwendung „doppelter Standards“ aufhören.

International Campaign for Tibet, 21. September 2016

 

10. Oktober 2016
Zerstörung von Larung Gar wird beschleunigt
Seit Ende August beschleunigen die chinesischen Behörden die Zerstörung der Unterkünfte und Ausweisungen von Mönchen und Nonnen der buddhistischen Akademi Larung Gar. Systematisch werden Mönche und Nonnen, die aus einer bestimmten Region stammen, weggewiesen. Waren es im August Tibeterinnen und Tibeter aus den Regionen Lhasa, Ngari, Nagchu und Chamdo, die vorher schon wochenlang durch Verhöre und Umerziehungssitzungen belästigt worden waren [vergl. Tibet-Information vom 15. August 2016; UM], betrifft es nun alle aus den angrenzenden Provinzen Qinghai, Gansu und Yunnan. Während einige Studierende aus der Provinz Qinghai, die eine offiziellen Genehmigung hatten, bleiben durften, betrifft es laut Informanten ohne Ausnahme alle aus Gansu und Yunnan. Auch bei diesen Wegweisungen werden die Familienangehörigen in den Heimatprovinzen massiv unter Druck gesetzt, ihre Verwandten zum Verlassen von Larung Gar zu überzeugen. Teilweise werden ihnen massive Strafen angedroht, wie zum Beispiel der Entzug von Sozialleistungen, wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Angehörigen zum Verlassen zu bewegen.

Ziel soll nach wie vor sein, die Zahl der Studierenden auf etwa 5'000, also die Hälfte der jetztigen Zahl, zu reduzieren. Etwa 2'000 sind bisher weggewiesen worden. Der Staatspräsident und Parteivorsitzende Ji Yinping zeige ein ganz persönliches Interesse an der Aktion, heisst es aus Regierungskreisen.

Die Leitung von Larung Gar fordert noch immer alle auf, sich der Wegweisung nicht zu widersetzen und auf jegliche Gewalt zu verzichten. Drei Nonnen haben aus Verzweiflung Selbstmord begangen [vergl. Tibet-Information vom 15. August und 17. September 2916; UM]. Vielen, die sich bis Ende September freiwillig zum Verlassen gemeldet haben, wurde von der Leitung ein Platz in einem anderen Kloster angeboten.

Free Tibet Campaign stellte zahlreiche Fotos und ein Video online, das weinende Nonnen beim Abtransport aus Larung Gar zeigt (Link siehe unten).

Bis Anfang Oktober waren etwas mehr als die Hälfte der insgesamt 1'000 zum Abriss vorgesehenen Behausungen zerstört. Laut Vorgaben müssen die Behausungen bis September 2017 beseitigt sein. Die Liste aller derjenigen, die noch in diesem Jahr weggewiesen werden, muss bis Ende Oktober d.J. an die Zentralregierung abgeliefert werden. Um den Prozess der Wegweisung zu beschleunigen, sind nach Angaben der Betroffenen Anfang Oktober ungefähr 300 Funktionäre aus angrenzenden chinesischen Provinzen eingetroffen, die von Tür zu Tür gehen und die Bewohner nach ihrer Herkunftsprovinz befragen und entsprechend die Wegweisung verkünden. In diesem Kontext wurde auch das strikte Verbot ausgesprochen, die zerstörten Gebäude wieder aufzubauen.

Ebenfalls Massenwegweisungen soll es kürzlich im etwa 300 km entfernten Yachen Gar gegeben haben, einer ähnlichen, aber kleineren Institution wie Larung Gar. Hier sollen ebenfalls 1'000 Studierende zum Verlassen aufgefordert worden sein, und es habe erste Abrisse von Behausungen gegeben.

Free Tibet Campaign, 30. September 2016: http://www.freetibet.org/news-media/na/new-images-show-scale-damage-larung-gar?utm_source=Free+Tibet+email+updates&utm_campaign=86d610b9f3-Larung_Gar_Day_of_Action10_6_2016&utm_medium=email&utm_term=0_8b3b75e260-86d610b9f3-49802621&mc_cid=86d610b9f3&mc_eid=524401721d

International Campaign for Tibet, 4. Oktober 2016
Radio Free Asia, 6. Oktober 2016

China protestiert gegen Reisen und Aufenthalte des Dalai Lama

Kurz nachdem der taiwanesische Parlamentarier Freddy Lim im September im indischen Exil mit dem Dalai Lama zusammentraf und ihn zu einem Besuch nach Taiwan einlud, erhob China in gewohnter Manier seine Drohgebärden. Ein Sprecher des Ministeriums für Taiwanesische Angelegenheiten in Beijing erklärte, man sei entschieden dagegen, dass Taiwan «Separatisten» einlade. Und er grollte weiter, «die Absicht einiger Kräfte in Taiwan, sich mit den Separatisten für die Unabhängigkeit Tibets zu verbinden», würde «Störungen erzeugen, die schwerwiegende Folgen für die Beziehungen über die Strasse von Taiwan haben». Der Aussenminister der neuen China-kritischen Regierung in Taiwan, David Lee, erklärte hingegen, wenn der Dalai Lama einen Visa-Antrag stelle, würde man diesen «gemäss den Regeln» bearbeiten.

Ebenso fühlte sich die chinesische Regierung bemüssigt, nach dem Besuch des Dalai Lama beim Europa-Parlament nochmals dazu aufzurufen, die Bemühungen zur Eindämmung seines Einflusses zu intensivieren. Kurz nach dem Besuch des Dalai Lama in Strassbourg fügte der Vorsitzende der Kommunistischen Partei in Lhasa in einer Rede hinzu, der «Kampf gegen die Dalai Clique» müsse höchste Priorität haben. Alle seien aufgerufen, die «reaktionäre Natur» seines Wirkens zu entlarven, «separatistische und subversive Aktivitäten niederschlagen, und die zerstörerischen Elemente gegen die ethnische Einheit eliminieren».

Phayul, 14. September und 1. Oktober 2016

 

7. September 2016
Neuer Parteivorsitzender in Tibet – unverändert harter Kurs
In Tibet wurde ein neuer lokaler Vorsitzender der Kommunistischen Partei ernannt. Diesen Posten hatte noch nie ein Tibeter inne. Der neue Vorsitzende, Wu Yingjie (59), führte sich gleich mit altbekannten Parolen ein. In seiner ersten Stellungnahme sagte er, dass ein „vertiefter Kampf“ gegen den Dalai Lama wichtig sei. Es müsste „positive Propaganda“ eingesetzt werden, um die wahren Absichten des Dalai Lama blosszustellen und ihn zu kritisieren. Zwar müsse Religionsfreiheit beachtet werden, doch müsse es durch „positive Führung“ dazu kommen, dass sich „tibetischer Buddhismus und Sozialismus einander annähern“, um „religiöse Harmonie“ zu fördern. Schliesslich habe der Sozialismus „Wohlstand“ und „Stabilität“ nach Tibet gebracht.

Wu hat seit dem Ende der Kulturrevolution seine gesamte politische Karriere in Tibet durchlaufen. Er beschreibt sich selbst als „lokalen Tibeter“, der „dieses Land und die hart arbeitenden Menschen“ liebe. Das steht im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die entweder bis zu ihrer Ernennung keine Erfahrung mit „lokalen Minderheiten“ hatten oder aber jeden freien Moment ausserhalb Tibets verbrachten.

Sein letztes Amt vor der Ernennung zum Parteivorsitzenden, das noch über dem Gouverneur von Tibet steht, hatte Wu in der chronischen Unruheregion Driru inne. Dort leitete er das „Korps zur Erhaltung der Stabilität“ und unterdrückte mit einer „Korrekturkampagne“ gewaltsam alle Protestbekundungen [vergl. Tibet-Information vom 14. Oktober und 27. November 2014; UM]. Die Kampagne kostete mehrere Tibeter das Leben und führte zur Verhaftung von mehreren hundert Personen. Auch jetzt, kurz vor seiner Ernennung, reiste Wu durch Driru und ermahnte die Klöster, die er besuchte, im Kampf gegen die „Dalai Clique“ felsenfest hinter der Partei zu stehen und „politisch verlässlich“ zu sein.

Reuters, 2. September 2016
International Campaign for Tibet, 2. September 2016

Zwei weitere Nonnen in Larung Gar begehen Selbstmord
Nachdem sich im Juli die Nonnen Rinzin Dolma aus Verzweiflung über den Abriss von Larung Gar erhängt hatte [vergl. Tibet-Information vom 15. August 2016; UM], haben sich im August noch zwei weitere Nonnen das Leben genommen. Ihre Namen werden als Sengma und Tsering Dolma angegeben. Letztere habe eine Nachricht hinterlassen, in der sie ihre tiefe Betroffenheit über den Abriss ausdrückt und klagt, dass die Chinesen sie nicht in Frieden liessen. So habe sie sich entschlossen, dem Leiden ein Ende zu setzten.

Weitere Einzelheiten sind wegen der strengen Nachrichtensperre und der Überwachung von Internet und Mobilfunknetz nicht zu erfahren. Eine weitere Nonne soll einen Selbstmordversuch gestartet haben, konnte aber angeblich noch durch andere gerettet werden.

Phayul, 30. August 2016

Staatspräsident Xi Jinping besucht Provinz Qinghai
Chinas Parteivorsitzender und Staatspräsident besuchte Ende August die Provinz Qinghai, und dabei speziell von Tibetern besiedelte Gegenden. Die Signale, die er bei diesem sorgfältig geplanten Besuch aussandte, waren dreifach: mehr Militär in die Region, verstärkte Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und Fortsetzung der Umsiedlung von Nomaden.

Xi zeichnete zwei Batallione für „hervorragende Dienste“ aus und unterstrich damit die extrem hohe stratetische Bedeutung, die der Stationierung von Militär auf dem tibetischen Hochplateau beigemessen wird.

Weiter führte ihn seine Reise in die Stadt Golmud, wo er eine Siedlung besuchte, in der umgesiedelte Nomaden untergebracht sind. Dort sei er laut Staatsmedien von den tibetischen Familien „begeistert“ begrüsst worden. Bilder und Karikaturen zeigen ihn, umringt von Tibetern, die ihn mit den traditionellen Seidenschleifen überhäufen oder im Kreise von tibetischen Frauen und Kindern. Damit werden der „Erfolg“ und die Fortsetzung der aggressiven Umsiedlungspolitik signalisiert. Die „Begeisterung“ steht allerdings ganz im Gegensatz zu anderen Berichten, nach denen umgesiedelte Tibeter gerade in Golmud massive Probleme haben, sich zurecht zu finden. Sie haben in der Regel gegen die chinesischen Zuwanderer keine Chance, einen Arbeitsplatz zu erlangen, da sie nicht die geforderten Fachkenntnisse aufweisen und kaum die chinesische Sprache beherrschen.

Schliesslich stattete er dem Tsaidam-Becken einen Besuch ab. Hier soll sich eines der zwei grössten Lithium-Vorkommen in China befinden. Zusammen mit ausländischen Investoren wie Warren Buffett und Bill Gates, die sich für den chinesischen Batterie-Hersteller BYD (‘Build Your Dreams’) interessieren, soll dieses Gebiet für den Abbau erschlossen werden, um so eine führende Rolle im sich abzeichnenden Lithium-Boom zu spielen. Der Bedarf an Lithium wird sich weltweit für leistungsfähige Batterien für Elektroautos, Mobiltelefone und Laptops massiv steigern. Ebenso gibt es Gerüchte, dass im Tsaidam-Becken grosse Uranvorkommen entdeckt wurden.

International Campaign for Tibet, 6. September 2016 (ausführlicher Bericht: https://www.savetibet.org/xi-jinping-visit-to-qinghai-reveals-strategic-importance-of-tibets-water-minerals-highlights-ccps-advanced-plans/)
Tibet Post International, 7. September 2016

 

29. August 2016
Tibetische Landbesitzer nahe Larung Gar werden enteignet, Zermonien verboten
Während die Zerstörung der Behausungen in Larung Gar fortschreitet [vergl. Tibet-Information vom 14. Juni, 1. und 15. August 2016; UM], werden nun auch Landbesitzer in einem benachbarten Dorf zwangsweise enteignet, um Platz für ein Tourismusprojekt zu schaffen.

In einem grossen Areal in der Ortschaft Nubsur, nur einen Kilometer von Larung Gar entfernt, wurden Land und Gebäude von Tibetern gegen eine nominelle Entschädigung enteignet. Die Massnahme betraf sowohl wohlhabende als auch ärmere tibetische Familien. Alle mussten ihr Land verlassen. Einige ärmere Familien weigerten sich und schlugen auf dem enteigneten Land Zelte auf, aber auch diese wurde umgehend geräumt.

Informanten teilten mit, dort solle ein Tourismus-Komplex mit Restaurants und Hotels entstehen, wobei hier ausschliesslich chinesische Investoren zum Zuge kämen.

Derweil wurden religiöse Zeremonien, die jährlich für 10 Tage in Larung Gar stattfinden, aus Angst vor grossen Menschenmengen verboten. Stattdessen fand im nahe gelegenen Kloster Shoru als „Ersatz“ eine eintägige Zeremonie statt. Die Mönche und Nonnen, die dorthin gelangten, mussten nach Ende der Zeremonien umgehend zurück kehren.

Radio Free Asia, 16. August 2016

Behörden veröffentlichen „Juristisches Lehrbuch für Klöster“
In der ehemaligen tibetischen Provinz Amdo haben am 28. Juli die Behörden ein „Lehrbuch“ in chinesischer und tibetischer Sprache an insgesamt 40 Klöster versandt. In diesem Buch werden detailliert Verbote für diverse Aktivitäten mit Strafandrohungen geschildert. Verboten sind im einzelnen mit der Nennung des Straftatbestandes:

  • Anfertigen oder Verteilen von Bannern oder Flugblättern, und das Zeigen der tibetischen Flagge – „separatische Aktivitäten“
  • Zeigen von Fotos des Dalai Lama an öffentlichen Orten – „Spaltung des Mutterlandes“
  • Selbstverbrennung – „Sabotage gegen den Staat“ und „Verwenden gefährlicher Methoden“
  • Beihilfe zur Selbstverbrennung – „Totschlag“
  • Übermittlung von Informationen über Protestaktionen an das Ausland oder in sozialen Netzwerken in Wort, Bild und Ton – „Verraten von Staatsgeheimnissen“

Seit mehreren Jahren sind Tibeter, die sich solcher Aktivitäten „schuldig“ gemacht haben, bereits von Strafen betroffen. Das Strafmass beträgt in der Regel 11 bis 12 Jahre Haft.

Tibet Post International, 22. August 2016
Radio Free Asia, 22. August 2016

Tibetisches Reiterfestival findet statt, aber unter scharfer Überwachung
Im Gegensatz zum verbotenen Festival beim Kloster Dargye [vergl. Tibet-Information vom 15. August 2016; UM] erlaubten die Behörden das jährlich stattfindende Reiterfestival in der Präfektur Kanlho im Osten Tibets. Vom 17. bis 20. August besuchten hunderte von Tibetern das Festival, das an den tibetischen Sagenhelden Gesar erinnern soll.

Die Pferderennen, Polospiele und die Ausstellung tibetischer Mastiffs fanden unter scharfer Überwachung durch Sicherheitskräfte und zivil gekleideter Mitarbeiter der Staatssicherheit statt. Unter Androhung von Strafen waren Protestaktionen, das Mitbringen von Waffen oder das Abbrennen von Feuerwerkskörpern untersagt. Ein Besucher kommentierte, das Festgelände habe wie eine „Kriegszone“ gewirkt.

Radio Free Asia, 18. August 2016

China lanciert tibetische Suchmaschine
China hat eine Suchmaschine ausschliesslich in tibetischer Sprache namens „Yongzin“ („Lehrmeister“) lanciert, die laut regierungsoffiziellen Angaben als grosser Schritt vorwärts in einem allgemeinen Entwicklungsprogramm für „ethnische Gruppierungen“ in China gefeiert wird. Die Suchmaschine für Texte, Bilder, Videos und Musik wurde vom Tibetischen Forschungsinstitut für Informationstechnologie entwickelt und und wirkt wie ein Imitat von Google. Laut Medienmitteilung der Entwickler wolle man damit zu mehr „Informationssicherheit“ in Tibet beitragen.

Von Tibetern wird Yongzin eher als Instrument der Informationskontrolle und Überwachung verstanden. So produziert die Sucheingabe „Dalai Lama“ keinen einzigen Treffer. Eine Suche nach Bildern zeigte nur bei einem von zwanzig Bildern tatsächlich den Dalai Lama. Die Suche nach dem Begriff „Freies Tibet“ führte zu einer Liste mit verbotenen Publikationen. Selbst die unschuldige Suche nach Bildern zu „tibetischem Tee“ zeigte überwiegend chinesische Funktionäre beim Teetrinken.

Tibet Post International, 25. August 2016

 

15. August 2016
Nachrichtenblockade über Zerstörung in Larung Gar, Wegweisungen
Die Bezirksbehörde in Serthar, wo sich die teilweise Zerstörung der Lehrstätte Larung Gar vollzieht [vergl. Tibet-Information vom 14. Juni und 1. August 2016; UM], haben eine nahezu komplette Nachrichtenblockade erwirkt. Telefon- und Internetverbindungen werden strengstens kontrolliert, um Personen ausfinding zu machen, die Bilder oder Nachrichten ausserhalb des Bezirks senden. Dazu werden Verbindungsdaten retrospektiv durchsucht, um Personen zu identifizieren, die in den vergangenen Wochen bereits Nachrichten nach aussen versandt haben.Das Areal ist weitläufig durch bewaffnete Sicherheitskräfte abgeriegelt, die auch darauf achten, dass das Verbot von Fotos oder Videos eingehalten wird.

Während die Abrissarbeiten unter Einsatz von grossen Baumaschinen forgesetzt werden, gibt es die ersten Wegweisungen. Diese betreffen derzeit Studierende aus den Präfekturen Lhasa, Ngari, Nagchu und Chamdo. Die Studenten aus diesen Regionen seien vorher schon wochenlang durch Verhöre und Umerziehungssitzungen belästigt worden. Tibeter aus den angrenzenden Provinzen Qinghai, Gansu und Sichuan sind von diesen Massnahmen noch nicht betroffen. Die Angehörigen wurden aufgefordert, die Studierenden von Larung Gar abzuholen. Wer sich weigert, würde bestraft, zum Beispiel durch den Entzug der Sammelbewilligung für die Raupenkeulenpilze, die für viele Tibeter inszwischen eine bedeutende Einkommensquelle ist.

Die Leitung von Larung Gar hatte alle Studierenden aufgefordert, sich den Abrissen nicht aktiv zu widersetzen, und bis jetzt sind keine Protestaktionen bekannt geworden. Phayul berichtet allerdings von einer Nonne, die sich aus Protest am ersten Tag der Zerstörungen erhängt habe. Sie habe eine Nachricht hinterlassen, dass sie den Schmerz wegen der Zerstörung und den anhaltenden Belästigungen durch Umerziehungskampagnen nicht mehr aushalten könne.

Radio Free Asia, 3. und 11. August 2016
Phayul, 9. und 12. August 2016

Traditionelles tibetisches Festival abgesagt
Weil sich die Anwohner weigerten, die chinesische Fahne auf ihren Häusern und dem Kloster zu hissen, verboten die Behörden ein jährlich stattfindendes Festival. Das vom Kloster Dargye im Bezirk Kardze im Osten Tibets organisierte Festival zieht sich mit religiösen Zeremonien, Tanzaufführungen und Pferderennen durch den Monat August. Beim traditionellen Verbrennen von Weihrauch sollen die lokalen Gottheiten für ausreichende Regenfälle und eine gute Ernte angerufen werden.

Nachdem sich Mönche und Laien, die erhebliche Geldsummen in die Organisation gesteckt hatten, dem Hissen der chinesischen Flagge verweigerten, verboten die Behörden die Weihrauchzeremonie, den traditionellen Löwentanz, tibetische Tänze und auch die Pferderennen.

Radio Free Asia, 5. August 2016

„Entwicklungsforum“ für Tibet tagte in Lhasa
Im Juli tagte für 2 Tage ein „Entwicklungsforum“ in der tibetischen Hauptstadt auf Einladung der Propaganda-Abteilung der Kommunistischen Partei Chinas. Dieses Forum fand zum insgesamt fünften Mal statt. Die ersten drei Veranstaltungen fanden in Europa (Wien, Rom, Athen) statt, die beiden letzten in Lhasa. Laut offizieller Nachrichtenagentur Xinhua trafen sich 130 Delegierte aus 30 Ländern, um über Themen wie „Unternehmertum“, „industrielle Modernisierung“, „lokale Infrastruktur“ und „Armutsbekämpfung“ zu diskutieren. Dabei sollten Tradition und Umwelt bewahrt werden.

Während über konkreten Beschlüsse oder Empfehlungen nichts bekannt wurde, zitierte Xinhua aus den Ansprachen von einigen ausländischen Gästen. Christine Davis, Vizepräsidentin einer Organisation namens „Asia Society“ forderte, dass ausländische Organisationen „aus erster Hand den Fortschritt in der Region und die sich öffnenden Möglichkeiten“ sehen sollten. Die ansonsten weitgehend unbekannte französische Schriftstellerin Sonia Bressler, die in der Vergangenheit durch lobende Stellungnahmen für die chinesische Politik in der Provinz Xinjiang aufgefallen war, forderte ein „Ende der Ignoranz“ und „besseres Hinhören“ vom Ausland, was die Entwicklung in Tibet angehe. Die veröffentlichten Fotos zeigten weitere europäische Ausländer am Rednerpult, ohne jedoch zu erwähnen, was diese sagten. Alles in allem sollten diese Stellungnahmen den weidlich bekannten Standpunkt der chinesischen Regierung verstärken, dass Tibet dank der Regierung in Beijing auf dem Wege des Fortschritts sei und das Ausland dieses überwiegend verkenne.

Xinhua, 7. Juli 2016
Voice of America, 9. Juli 2016

Falscher Panchen Lama hielt Kalachakra-Zeremonie – Tibeter zur Teilnahme gezwungen
Der von China eingesetzte Panchen Lama hielt im Stammkloster der Panchen Lamas in Shigatse vom 21. – 24. Juli die Kalachakra-Zeremonie ab. Der von den Tibetern nicht als Panchen Lama anerkannte Gyaltsen Norbu hält sich nur selten in Tibet auf und lebt überwiegend in Beijing. Bei seinen Besuchen in Tibet wird er von Sicherheitskräften eng bewacht. Um genug Publikum für die Zeremonie zu bekommen, wurde ein Dekret erlassen, dass mindestens zwei Personen von jeder Familie in Shigatse an dem Anlass teilnehmen mussten. Die 200 qm grosse Bühne war aufwändig mit gelber Seide und glückbringenden Symbolen geschmückt, daneben waren zu beiden Seiten grosse LED-Wände angebracht. Ebenso aufwändig war auch die Berichterstattung in den regierungsoffiziellen Kanälen.

Die komplexe Zeremonie, übersetzt „Rad des Lebens“, war zuletzt 1956 vom Dalai Lama in Tibet abgehalten worden; seit seiner Flucht hielt er sie inzwischen 31 Mal im Ausland ab.

Tibet Post International, 19. Juli 2016

 

1. August 2016
China beginnt mit Zerstörung von tibetischer Lehrstätte - wegen «Brandschutz»
China hat seine Ankündigung wahrgemacht und mit dem Teilabriss der Lehrstätte Larung Gar im Bezirk Serthar in der Präfektur Kardze begonnen [vergl. Tibet-Information vom 14. Juni 2016; UM]. Die ersten 600 Unterkünfte der imposanten Anlage (Fotos: http://www.freetibet.org/news-media/na/demolitions-begin-larung-gar?mc_cid=e5d205c329&mc_eid=524401721d) sind zwischen dem 20. und 29. Juli abgerissen worden. Um ausländischer Kritik zu begegnen, wurde zynischerweise der Abriss mit «Renovationsbedarf» gerechtfertigt, der sogar mit Billigung der Leiter der Lehrstätte durchgeführt werde - angeblich um «Brandschutz» zu gewährleisten und die Zahl der Studierenden auf diejenigen zu beschränken, die eine gültige Aufenthaltsbewilligung haben. Die Leitung von Larung Gar hat in der Tat die Studierenden dazu aufgerufen, Ruhe zu bewahren und von Protestaktionen abzusehen. Dennoch hat China 500 zusätzliche Sicherheitskräfte in die Region entsandt und die Anlage von der Umgebung abgeriegelt.

Gemäss Informanten sind ausschliesslich chinesiche Arbeiter mit dem Abriss beschäftigt. Sie reissen zwischen 100 und 250 Unterkünfte pro Tag ab. Es gibt keine offizielle Mitteilung, wieviele Unterkünfte insgesamt abgerissen werden sollen, jedoch rechnen die Bewohner mit dem Abriss von insgesamt 2000 Behausungen in diesem Jahr; im nächsten Jahr sollen weitere folgen. Viele Studierende, die bereits vom Abriss betroffen sind, finden nun in den noch intakten Behausungen Aufnahme, so dass sich in den kleinen Gebäuden bis zu 15 Personen drängeln.

Bereits im Jahr 2001 waren 2000 Behausungen abgerissen worden, während in offiziellen Verlautbarungen damals nur von 1000 die Rede war, und 8000 Studierende wurden weggewiesen. Das Ziel der Behörden ist jetzt, die Zahl der Studierenden auf maximal 5000 zu begrenzen. Gerade in den Sommermonaten besuchen über 10’000 Studierende Larung Gar, darunter sehr viele aus China und den angrenzenden asiatischen Ländern.

Die Lehrstätte hatte auf Intervention des Panchen Lama den Status eines «akademischen Instituts» erlangt und blieb deswegen von der ersten Welle der „patriotischen Umerziehung“ seit 1997 verschont, die sich auf Klöster konzentrierte. Larung Gar geniesst einen hervorragenden Ruf wegen der Qualität seiner Lehre, die sich nicht auf eine einzige Schulrichtung im tibetischen Buddhismus beschränkt, und wegen seiner Sammlung von chinesischen und tibetischen Schriften.

Radio Free Asia, 21./29. Juli 2016
Phayul, 29. Juli 2016

Tibeter in Kardze zeigen trotz Verbot ein Portrait des Dalai Lama
Zu Beginn der traditionellen Sommer-Picknicks und Pferderennen haben Tibeter in der Präfektur Kardze im Nordosten Tibets trotz Verboten bei einem Umzug ein lebensgrosses Portrait des Dalai Lama mitgeführt. Der Umzug im Dorf Powa am 17. Juli wurde von einer Kolonne mit Motorrädern angeführt, gefolgt von Reitern in traditionellen Kostümen, und führte, begleitet von lautem Hupen und Schlagen von Zimbeln, zu einem heiligen Berg. Dort beteten die Tibeter für den Dalai Lama.

Die Sommer-Picknicks in Kardze ziehen bis zu 2000 Besucher an. Bereits in den vergangenen vier Jahren wurde beim Umzug ein grosses Portrait des Dalai Lama mitgeführt, zuerst von Reitern, seit letztem Jahr von Motorrad-Fahrern. Die Behörden hatten vor Beginn der Festsaison die Telefon- und Internet-Verbindungen in die Region unterbrochen, schritten aber weiter nicht ein.

Radio Free Asia, 22. Juli 2016

 

10. Juli 2016
Chinas Bannstrahl trifft weitere Popstars
Nach Maroon 5, Bon Jovi und Selana Gomez [vergl. Tibet-Information vom 18. September 2015 und 2. Mai 2016; UM] dürfen nun auch Lady Gaga und Jane Birkin nicht mehr in China auftreten.

Lady Gaga hatte am 26. Juni in Indianapolis an einer Podiumsdiskussion mit dem Dalai Lama teilgenommen. Diese fand im Rahmen der «Conference of Mayors» statt. Lady Gaga stellte dabei dem Dalai Lama Fragen, die ihr Fans über soziale Netzwerke gestellt hatten. Nun befindet sie sich laut Medienberichten auf der Liste von «feindlichen ausländischen Kräften», sie hat Einreiseverbot nach China, und ihre Musik ist weder in Läden noch online in China erhältlich. Ein chinesischer Blogger kommentierte, ebenso gut hätte sie Osama Bin Laden die Hand schütteln können.

Jane Birkin wollte am 9. Juli in Shanghai im Rahmen ihrer Welttournee auftreten, die dem Gedenken an den vor 25 Jahren verstorbenen Sänger Serge Gainsbourg gewidmet ist. Geplant war auch ein Auftritt mit dem Shanghai Symphonieorchester. Kurzfristig wurde ihr aber ohne Begründung ein Einreisevisum verweigert. Die 69-jährige Jane Birkin ist Mitglied von Amnesty International und hatte früher an mehreren Tibet-Demonstrationen teilgenommen, so zum Beispiel im März 2008.

Queer, 28. Juni 2016
Phayul, 4. Juli 2016

Kader konfiszieren Land und verschaffen chinesischen Investoren Profit
Tibeter im Bezirk Riwoche in der Präfektur Chamdo im Nordosten Tibets protestieren dagegen, dass Regierungsmitarbeiter ihr Land konfiszieren und eine niedrige Kompensation zahlen, die fast 80-fach unter dem tatsächlichen Wert liegt. Die Enteignung wird damit begründet, dass das Land eigentlich der Lokalregierung gehöre. Regierungsmitarbeiter und Investoren sollen unter einer Decke stecken, so dass das Land schliesslich an die Investoren geht, die es überbauen und die Wohnungen zu einem hohen Preis auf dem Mark offerieren wollten.

Erstmals wurden die Tibeter im Mai in einer durch die Behörden einberufenen Versammlung über diese Pläne informiert. Angeblich wurde die Versammlung aber bewusst während einer Zeit einberufen, während derer die Tibeter in den umliegenden Bergen den Raupenkeulenpilz sammelten und so abwesend waren. Den wenigen Anwesenden sei beschieden worden, dass eine Verweigerung des Verkaufs oder gar eine Petition bei der Zentralregierung in Beijing mit Gefängnis bestraft werden könnte.

Radio Free Asia, 7. Juli 2016

 

24. Juni 2016
Protest gegen Häuserabriss am Koko-Nor hinterlässt Verletzte
Proteste gegen den Abriss von Gebäuden am Koko-Nor hinterliessen nach einem Polizeieinsatz am 23. Juni insgesamt acht teils schwer verletzte Tibeter. Nachdem die Behörden Anfang Juni den Abriss von angeblich „illegal“ errichteten Geschäften, Restaurants und auch Wohngebäuden verfügt und mit den Abrissarbeiten begonnen hatten [vergl. Tibet-Information vom 14. Juni 2016; UM], wurde nun auch gegen Proteste der Betroffenen vorgegangen. Mehrere hundert von Mittellosigkeit bedrohte Inhaber gingen mit Transparenten, die Aufschriften trugen wie „Wir brauchen Nahrung. Wir müssen überleben.“, auf die Ringstrasse, die um den See führt. Kurz darauf seien laut Augenzeugen etwa 30 Polizisten mit dem Vorsteher des Bezirks erschienen, die auf den Protestzug einschlugen.

Der Koko-Nor (chin. Qinghai Lake) ist ein beliebtes Tourismusziel. Weil sie angeblich „illegal“ errichtet wurden oder auch nur die „schöne Aussicht auf den See stören“, sollen mehr als 600 Gebäude mit tibetischem Kleingewerbe abgerissen werden. Die betroffenen Tibeter gaben an, sie hätten ordnungsgemäss Anträge auf Bewilligung gestellt, aber nicht die geforderten Bestechungsgelder gezahlt.

Phayul, 24. Juni 2016

Minenarbeiten nach Protesten „suspendiert“
Proteste von Tibetern brachten Minenarbeiten im Bezirk Chuchen in der Präfektur Ngaba in Osttibet zumindest zu einem temporären Halt. Bereits im März hatten Tibeter die Verbindungstrecke zwischen der Mine und der Hauptstrasse aus Protest blockiert, weil die Arbeiten einen ihnen heiligen Berg berühren. Damals waren nach einem Polizeieinsatz mehrere Tibeter verletzt worden, und sieben Tibeter waren bis zu drei Wochen in Haft.

Im Mai warnten die Behörden die Tibeter unter Androhung von „ernsten Konsequenzen“ nochmals, die Verbindungsstrecke zu blockieren. Vor wenigen Tagen aber wurde bekannt gegeben, dass die Arbeiten bis auf weiteres suspendiert sind. Nach Angaben von Informanten dürfte es eine Rolle gespielt haben, dass die Proteste auch im Ausland bekannt wurden und internationale Reaktionen auslösten.

Indessen sind die Bewohner der Region skeptisch, wie lange die Arbeiten ruhen. Oft würden diese wieder aufgenommen, wenn sich die Aufmerksamkeit gelegt hat. Laut der Free Tibet Campaign ist seit Fertigstellung der Bahnlinie nach Lhasa vor 10 Jahren ein sprunghafter Anstieg der Anzahl von Minen zu beobachten. Insgesamt soll an etwa 100 Orten geschürft werden. Dem entsprechend stieg auch die Zahl der lokalen Proteste an.

Radio Free Asia, 22. Juni 2016
Phayul, 23. Juni 2016

 

Tibeterinnen protestieren gegen Landraub

Mitte Juni protestierten etwa 100 Tibeterinnen gegen den Verlust ihres Ackerlandes im Bezirk Lhundrup in Zentraltibet nahe Lhasa. Die Tibeterinnen zogen, Slogans rufend, vor das Gebäude der Bezirksverwaltung und trugen dabei auch Portraits von fünf chinesischen Führern und eine chinesische Flagge. Dass Männer nicht teilnahmen und Portraits und Flagge mitgeführt wurden, sollte offenbar vor Polizeigewalt schützen. In der Tat wurde der Zug nicht behelligt.

Im Dezember hatten die Behörden den Abriss von Wohngebäuden, die in traditionell tibetischer Bauweise errichtet waren, angekündigt. Die Gebäude sollen in den nächsten fünf Jahren durch Wohnblocks im chinesischen Stil ersetzt werden. Ein Informant berichtete, dass die Bewohner der Region durch erzwungen Verkauf ihres Landes zur Verzweiflung getrieben würden. Von der ursprünglich vereinbarten Kaufsumme erhielten sie jeweils nur ein Zehntel.

Radio Free Asia, 17. Juni 2016

 

14. Juni 2016
China plant Zerstörung der grössten buddhistischen Akademie
Laut einer offiziellen Ankündigung plant China, die weltweit grösste buddhistische Akademie bis September 2017 weitgehend zu zerstören. Betroffen ist das Studienzentrum Larung Gar im Bezirk Serthar in der Präfektur Kardze. Larung Gar ist kein tibetisch-buddhistisches Kloster im konventionellen Sinn, sondern ein Zentrum der buddhistischen Lehre, das sich übergreifend über einzelne Schulen des tibetischen Buddhismus an alle Lernenden wendet und auch zahlreiche Studenten aus dem chinesischen Festland und anderen asiatischen Staaten angezogen hat. Weit über 10'000 Lernende sollen sich derzeit dort aufhalten und wohnen in einer Siedlung, die sich zwischen zwei benachbarte Hügel schmiegt (Foto: http://www.rfa.org/english/news/tibet/cuts-06072016160719.html).

Laut einem publizierten Dekret soll die Zahl der Studierenden bis September 2017 auf 5'000 eingefroren werden. Weil etwa 60 – 70 Prozent der Behausungen abgerissen werden sollen, befürchten die Studierenden, dass de facto die Zahl der Studierenden weit unter 5'000 sinken wird. Schon im vergangenen Jahr wurden 600 Studierende weggewiesen, zusätzlich mussten auch 60 Mitglieder der Gemeinschaft, die über 60 Jahre alt, weichen. Im Moment würden laut Informanten weitere 1'200 von ihrer Wegweisung unterrichtet. Der Abriss der ersten Behausungen habe bereits stattgefunden, und weitere würden derzeit für den Abriss markiert. Als Begründung wurde angegeben, dass diese Behausungen dem Strassenbau im Wege stünden oder die Passage von Feuerwehrfahrzeugen behinderten.

Der Gründer Khenpo Jigme Phuntsok liess sich im Jahre 1980 in Kardze als Einsiedler nieder und unterrichtete zunächst nur wenige Studenten. Als sich deren Zahl über die Zeit erheblich steigerte, gelang dem X. Panchen Lama im Jahre 1987 die Anerkennung von Serthar als „akademisches Institut“. Möglicherweise wegen dieses einzigartigen Status blieb es von der ersten Welle der „patriotischen Umerziehung“ seit 1997 verschont, die sich auf Klöster konzentrierte. Serthar geniesst seitdem einen hervorragenden Ruf wegen der Qualität seiner Lehre und Sammlung von chinesischen und tibetischen Schriften.

Serthar war bereits 2001 von einer massiven Zerstörungsaktion betroffen. Damals sollten etwa 1'000 Behausungen abgerissen werden. Durch Wegweisungen sollte die Zahl der Studierenden von über 10'000 auf etwa 1'400 reduziert werden. Später zeigte sich, dass über 2'000 Behausungen zerstört worden waren. Chinesische Arbeiter erhielten einen «Lohn» von umgerechnet Fr. 20 pro zerstörtes Gebäude. Den Studierenden wurde verboten, sich einem anderen Kloster anzuschliessen und befohlen, sich stattdessen wieder in ihrem Heimatort niederzulassen. Viele irrten im beginnenden Winter ziellos in den umliegenden Hügeln umher, weil sie in ihrer Heimat keine Angehörigen mehr hatten. Khenpo Jigme Phuntsog stand während der ersten Zerstörungsaktion faktisch unter Hausarrest, war gesundheitlich angegriffen und starb wenig später [vergl. Tibet-Information vom 26. Juni, 30. August und 15. Oktober 2001; UM].

Radio Free Asia, 7. Juni 2016
New Delhi TV, 10. Juni 2016

Wiederum zwangsweiser Abriss von tibetischen Gebäuden am Koko-nor
Wie bereits im Mai und Oktober 2015 wurden im Juni wiederum zahlreiche Gebäude von Tibetern am Koko-nor (chin. Qinghai Lake) zerstört. Mehr als 600 Gebäude, Geschäfte und Restaurants, aber auch Wohngebäude, wurden in einer konzertierten Aktion unter Polizeibegleitung mit schwerem Gerät abgerissen. Als Begründung wurde mitgeteilt, die Gebäude seien «illegal» errichtet. Betroffene Tibeter bericheteten, sie hätten ordungsgemäss Anträge auf Genehmigung gestellt, aber die von Funktionären geforderten Bestechungsgelder nicht gezahlt.

Etwa ein Drittel der zerstörten Gebäude gehörte Tibetern, aber auch Muslime und Han-Chinesen waren von der Zerstörungsaktion betroffen. Fünf Eigentümer, drei Tibeter und zwei Muslime, wurden in Handschellen abgeführt. Die Betroffenen fürchten, dass noch weitere Siedlungen vom Abriss betroffen werden. Es kommt nicht selten vor, dass reiche Chinesen Bestechungsgelder an die Verwaltung zahlen, damit diese die Verkäufe forcieren, um sich danach die lukrativen Lagen selbst zunutze zu machen.

Im Oktober 2015 wurden etwa 300 Geschäfte und Restaurants abgerissen. Die offizielle Begründung lautete damals, dass die Tibeter die Gegend „verschmutzt“ hätten, und im Mai 2015 wurden Abrisse damit begründet, dass die Gebäude die „schöne Aussicht“ auf den See störten [vergl. Tibet-Information vom 26. Oktober 2015; UM].

Radio Free Asia, 3. Juni 2016

 

26. Mai 2016
Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages darf nicht nach China einreisen
Dem Abgeordneten Michael Brand (CDU), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses, verweigert China die Einreise. Geplant war ein Tibet-Besuch des Ausschusses Ende Mai. Vorher habe der chinesische Botschafter in Deutschland wiederholt „massiven Druck“ auf ihn und den Ausschuss ausgeübt, sagte Brand. So sei er ultimativ aufgefordert worden, einen Auftritt bei der Tibet Initiative Deutschland abzusagen und Aussagen zu Tibet auf seiner Homepage zu löschen.

Den übrigen Mitglieder des Ausschusses dagegen wurde die Einreise nicht verweigert. Brand beklagte, dass im Gegensatz dazu die Ausschüsse für Wirtschaft und Handel überhaupt keine Probleme bei der Einreise nach China bekämen. Nun hofft der Menschenrechtsausschuss auf Unterstützung durch Bundeskanzlerin Merkel, die im Juni mit einer Regierungsdelegation nach Beijing reisen will. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin laufen gegenwärtig Gespräche auf diveresen Ebenen, um die Reise des kompletten Ausschusses nach Tibet zu ermöglichen.

Wochenblatt und Deutsche Presseagentur, 11. Mai 2016

Wiederum Protest gegen Minenarbeiten gewaltsam beendet
Die Serie der Proteste gegen Minenarbeiten in Tibet reisst nicht ab. Waren die Proteste im Bezirk Minyak im Osten Tibets Anfang Mai zumindest vorübergehend erfolgreich [vergl. Tibet-Information vom 12. Mai 2016; UM], so wurde ein weiterer Protest in der Region Amdo im Norden Tibets gewaltsam beendet.

Bereits vor 3 Jahren hatten Arbeiten in der nomadisch geprägten Gemeinde Akhori in der Präfektur Ngaba begonnen, um den Abbau von Mineralien vorzubereiten. Der Ort ist jedoch seit Jahrhunderten für die Bewohner heilig und Ziel von Pilgern. Vorgeblich sollten Energiezentralen gebaut werden, aber die misstrauisch gewordenen Bewohner, die dieses nur als Vorwand für die Ausbeutung von Bodenschätzen sahen, erreichten mit ihren Protesten einen Stopp der Arbeiten.

Ende März 2016 tauchten wiederum Arbeiter mit schweren Strassenbaumaschinen auf. Sofort eilten die Bewohner an den Ort und versuchten, die Arbeiten zu stoppen. Vorgeblich sollten in der Nähe der heiligen Stätte weitere Energiezentralen gebaut werden, aber die Arbeiter verrieten hinter vorgehaltener Hand, dass in Wirklichkeit Mineralien abgebaut werden sollten. Herbeigezogene Polizeikräfte beendeten den Protest gewaltsam und hinterliessen 20 verletzte Tibeter. Dazu wurden 12 Tibeter festgenommen und bis zu 3 Wochen in Haft behalten; einige von ihnen wiesen nach der Entlassung ebenfalls teils schwere Verletzungen auf.

Dennoch sind die Tibeter entschlossen, ihren Protest aufrecht zu erhalten und haben weitere Protestnoten und Petitionen an die Behörden übermittelt. Am 20. Mai erreichte eine grössere Zahl an Polizeifahrzeugen die Region. Mit Lautsprechern wird die Bevölkerung aufgerufen, das „Bauprojekt“ nicht weiter zu stören, sonst drohten ihnen Geld- und Haftstrafen.

Tibet Post International, 25. Mai 2016

 

12. Mai 2016
Mutter von 5 Kindern verbrennt sich
Erst jetzt wurde wegen einer Nachrichtensperre bekannt, dass sich am 23. März Sonam Tso selbst verbrannte. Die Mutter von 3 Töchtern und 2 Söhnen, deren Alter mit Mitte 50 angegeben wird, zündete sich nahe dem Kloster Dzoege Sera in der Präfektur Ngaba an. Sie hätte laut Informanten während einer gemeinsamen Besorgung ihrem Mann gesagt, er solle voraus gehen, und sie werde bald nachkommen. Kurz darauf hörte dieser ihre Rufe nach einer Rückkehr des Dalai Lama und Freiheit für Tibet, während sie schon in Flammen stand. Ihr Mann und ihr Onkel, ein Mönch im Kloster, hätten vergebens versucht, das Feuer zu löschen. Sonam Tso starb kurz darauf im örtlichen Krankenhaus, in das sie noch gebracht worden war.

Ihr Onkel wurde für 8 Tage in Haft gehalten und verhört. Er musste alle Bilder, die er von dem Vorfall gemacht hatte, auf seinem Mobiltelefon löschen. Auch ihr Mann wurde dreimal zu Verhören einbestellt.

Die Zahl der Selbstverbrennungen in Tibet erhöht sich damit auf 145. Es ist die zweite Selbstverbrennung in diesem Jahr.

Radio Free Asia, 6. Mai 2016
Phayul, 7. Mai 2016

Mönch nach Solo-Protest verhaftet
Ebenfalls in der Präfektur Ngaba wurde ein junger Mönch nach einem Solo-Protest verhaftet. Lobsang Thupten aus dem Kloster Kirti, das wegen der grossen Zahl von Selbstverbrennungen und anderen Proteste seit Jahren von Sicherheitskräften hermetisch abgeriegelt ist, lief am 2. Mai mit einem Portrait des Dalai Lama über die Hauptstrasse und wurde kurz darauf verhaftet (Foto: http://www.thetibetpost.com/en/news/tibet/4987-china-arrests-a-tibetan-buddhist-monk-for-peaceful-protest-in-tibet). Über sein Schicksal ist nichts bekannt.

Tibet Post International, 2.Mai 2016

Erfolgreicher Protest gegen Umweltschäden durch Bergbau
Mehr als hundert Tibeter protestierten für 2 Tage gegen Umweltschäden, die durch Bergbauarbeiten im Bezirk Minyak im Osten Tibets, nahe der Bezirksstadt Dartsedo, entstanden sind. Am 4. Mai blockierten Tibeter die Zufahrtsstrasse nach Yulshok Gargye, einem heiligen Ort in der Region. Sie legten Fische vor sich auf die Strasse, die angeblich durch giftige Abwässer verendet waren (Fotos: http://www.thetibetpost.com/en/news/tibet/4998-tibetans-protest-against-chinese-mining-in-minyak-county-tibet). Die Bergabauarbeiten waren schon einmal im Jahr 2005 gestoppt worden, nachdem giftige Abwässer in den Fluss Lhuchu geleitet worden waren und dort zu einem Massensterben von Fischen führten. Im April d.J. wurden die Arbeiten wieder aufgenommen.

Sicherheitskräfte umstellten die protestierenden Tibeter, die dennoch für 2 Tage auf der Strasse verharrten. Es ist nicht bekannt, ob es zu Verhaftungen kam. In einer seltenen Wende gaben dann die Bezirksverwaltungen von Kardze und Dartsedo am 6. Mai bekannt, dass alle Arbeiten bis zur Klärung der Vorwürfe suspendiert werden.

Tibet Post International, 6. Mai 2016
Phayul, 10. Mai 2016

 

2. Mai 2016
Nacktfotos am Heiligen See
Fotos eines nackten Models, das nur teilweise mit einem Tuch bedeckt am Ufer des Heiligen Sees Yamdrok Tso posierte, sorgten für Aufregung innerhalb und ausserhalb Chinas. Ein professioneller Fotograf, der in Lhasa lebt und unter seinem Künstlernamen Yu Feixiong auftritt, hatte die Fotos an dem See aufgenommen, in dem nach buddhistischem Glauben eine Schutzgottheit lebt.

Nach der Publikation der Fotos berichteten zwei regierungsoffizielle Medien - die englischssprachige Zeitung People’s Daily und die Nachrichtenagentur Xinhua - dass der Fotograf daraufhin eine 10-tägige Haftstrafe erhielt wegen „Benehmens, das nicht die tibetische Kultur respektiert“.

Als das Time Magazine weiter recherchierte, dementierte jedoch das Büro für Öffentliche Sicherheit, dass eine solche Strafe ausgesprochen wurde. Ein Mitarbeiter des lokalen Büros im Bezirk Nagarze, in dem der See liegt, erklärte, er wisse von nichts.

Viele Kommentare in sozialen Medien innerhalb Chinas, wo die Bilder rasch zirkulierten, verurteilten die Respektlosigkeit des Fotografen. Dieser beantwortete keinen Anruf auf seinem Telefon, teilte aber in einem Kommentar auf der Platform WeChat mit, das Model habe ihn darum gebeten, um „Erinnerungen an dieses heilige Land“ zu behalten. Sie habe gesagt, sie sei „nun in ihrem besten Alter, um nach Tibet zur reisen, während ihre Jugend langsam verwelke“.

Time Magazine, 14. April 2016

Selena Gomez muss Konzert in China absagen
Die Sängerin der Gruppe Come & Get It hatte im Rahmen ihrer Welttournee, die sie auch in die Schweiz führt, zwei Konzerte in China angekündigt. Wenig später verschwanden jedoch die angekündigten Konzerte in Beijing am 6. August und Shanghai am 8. August wieder von ihre Webseite.

Grund für die Absage dürften Fotos sein, die Selena Gomez mit dem Dalai Lama zeigen. Gomez war dem Dalai Lama vor 2 Jahren in Kanada begegnet und hatte Fotos in sozialen Medien verbreitet, die sie hinter dem Dalai Lama sitzend zeigen. Sie wendet sich zu ihm zurück und blickt zu ihm auf, während er ihren Kopf berührt. Dazu schrieb sie den Kommentar „Words of Wisdom; speechless“.

Im letzten Jahr hatte bereits Bon Jovi Konzerte in China absagen müssen [vergl. Tibet-Information vom 19. September 2015; UM], weilbei einem vorigen Konzert ein Bild des Dalai Lama als Bühnenhintergrund verwendet wurde. Die Gruppe Maroon 5’s musste ihre Konzerte in China absagen, weil ein Mitglied der Band dem Dalai Lama Glückwünsche zum Geburtstag übermittelt hatte. Die isländische Sängerin Björk erhielt Auftrittsverbot in China, nachdem in ihrem Song „Declare Independence“ bei einem Auftritt in Shanghai mehrmals „Tibet“ ausgerufen hatte.

New Zealand Herald, 20. April 2016

NGOs werden an die kurze Leine gelegt
Der Ständige Ausschuss des Volkskongresses billigte im April ein Gesetz, das dem Staat sehr weit reichende Kontrolle über NGOs erlaubt. Alle etwa 7000 NGOs in China sind neu dem Ministerium für Staatssicherheit und nicht mehr dem Ministerium für zivile Angelegenheiten rechenschaftspflichtig. Alle NGOs müssen sich neu registrieren lassen. Sie müssen ihre Finanzen und sämtliche Aktivitäten mit chinesischen Gruppen offenlegen. Aktivitäten, „die die Staatsgewalt untergraben und die Nation spalten“, werden unter Strafe gestellt. Vertreter und Mitarbeiter der NGOs können zu „Interviews“ vorgeladen werden – eine Umschreibung für Verhöre. Betroffen sind auch Ableger von ausländischen Think Tanks, Forschungseinrichtungen und wohltätige Stiftungen wie zum Beispiel die Bill-Gates-Foundation.

bz Basel, 29. April 2016

Druck auf Indien: Visum für Uiguren und chinesische Dissidenten widerrufen
Neben chinesischen Dissidenten sind auch uigurische Exilpolitiker vom Bannstrahl der chinesischen Regierung betroffen. Am 22. April 2016 kündigte die indische Regierung an, dass Vertretern des Uigurischen Weltkongresses (WUC) die Einreise zu einer interreligiösen Konferenz in Dharamsala vom 28. April bis 1. Mai gestattet wird, wo sie auch auf den Dalai Lama treffen würden. Nach heftigen Protesten und intensiven Interventionen von China wurde nur wenige Tage später das Visum für den WUC-Generalsekretär, Dolkun Isa, widerrufen. China betrachtet den WUC als „terroristische Vereinigung“. Indien berief sich bei der Streichung des Visums auf eine ominöse Interpol-Notiz, die Dolkun Isa verbrecherische Aktivitäten zuschreibt.

Die Medien, die zunächst einladen waren, über die Konferenz und das Treffen der uigurischen Führer mit dem Dalai Lama und anderen tibetischen Politikern zu berichten, wurden ebenfalls ausgeladen und ihnen sogar nahegelegt, die Konferenz nicht einmal zu erwähnen.

Nur wenige Tage später wurde bekannt, dass Einreisevisa auch für 9 im Exil lebende chinesische Dissidenten widerrufen wurden. Eine Dissidentin, Lu Jinghua, durfte in New York nicht ihr Flugzeug besteigen, obwohl das Visum in ihrem Pass gültig war. Ebenso wurde das Visum für Alex Chow, den Mitbegründer der „Regenschirm-Bewegung“ aus Hongkong widerrufen.

Phayul, 22., 25. 27. und 30. April 2016

 

13. April 2016
Disput über gestohlenes Vieh: Zwei Tibeter von Polizei getötet
Die Polizei eröffnete am 30. März das Feuer auf eine Gruppe von Tibetern, die gegen den Diebstahl ihrer Yaks protestierten. Dabei wurden zwei Tibeter getötet und mehrere verletzt.

Der Vorfall ereignete sich in Serthar in der Präfektur Kardze, der Region mit häufigen Protesten gegen China und einer hohen Zahl von Selbstverbrennungen. Tibetische Hirten hatten bemerkt, dass etwa 20 ihrer Yaks verschwunden waren. Nach einiger Suche entdeckten sie diese auf einem Lastwagen, der chinesischen Muslims der Hui-Nationalität gehörte, die im Begriff waren, zum Schlachthof zu fahren. Mit dem Diebstahl konfrontiert, begann ein Streit, der damit endete, dass die Polizei gerufen wurde. Angeblich hätten die Tibeter keine Gelegenheit gehabt, ihre Sichtweise zu schildern, sondern die Polizei eröffnete sofort das Feuer auf sie. Zwei Tibeter sollen ihren Schussverletzungen erlegen sein, dazu wurde ein nicht genau bekannte Zahl verletzt. Einige von ihnen mussten in das weiter entfernte Spital der Provinzhauptstadt von Sichuan, Chengdu, gefahren werden, weil das lokale Spital sie nicht versorgen konnte.

Radio Free Asia, 30. März 2016
Tibet Post International, 31. März 2016

29 protestierende Regierungsangestellte verhaftet, geschlagen und beraubt
Am 8. April protestierten insgesamt 29 Regierungsangestellte in Machu, Präfektur Kanlho in der heutigen chinesischen Provinz Gansu, gegen ihre Entlassung. Sie wurden noch während ihres Protests vor dem Regierungsgebäude der Präfektur festgenommen. Am Tag darauf wurden sie wieder aus der Haft entlassen, gaben aber an, dass man sie geschlagen, ihre Mobiltelefone zerstört und den Goldschmuck gestohlen habe.

Den Regierungsangestellten, die alle seit mehr als drei Jahren in der Verwaltung der Präfektur arbeiteten, sei als Entlassungsgrund mitgeteilt worden, dass sie für ihre Arbeit nicht genug qualifiziert seien. Ihr Zorn entzündete sich daran, dass ihre Stellen mit anderen Personen aus Bezirken ausserhalb von Machu besetzt wurden, die teilweise nur eine minimale Schulbildung absolviert hätten, aber ihre Stellen „Beziehungen“ zu einflussreichen Regierungsmitgliedern verdankten. Einige sollen Bestechungsgelder dafür bezahlt haben, dass andere an ihrer Stelle die erforderlichen Abschlussprüfungen der Schule absolvieren.

Die Protestierenden sollen einzig eine Überprüfung des Entlassungsentscheids gefordert haben, ohne dass sie politische Forderungen erhoben. Dennoch wurden sie verhaftet. Auf ihre Forderung nach Entschädigung für die zerstörten Mobiltelefone oder Herausgabe des Goldschmucks wurde nicht eingegangen.

Radio Free Asia, 8./9. April 2016

 

30. März 2016
Korruptionsverdacht: Geld für Anerkennung als Inkarnation?
Die auslandschinesische Webseite BowenPress meldete, dass der früher Vizeminister der United Front, Zhu Weiqun, unter Korruptionsverdacht steht. Er soll angeblich Geld dafür kassiert haben, dass er Personen die Anerkennung als „Lebender Buddha“ verschafft hat. Umgehend dementierte Zhu Weiqun in der regierungsoffiziellen Zeitung Global Times diese Meldung als „vulgäre Schmierenkampagne“ gegen ihn. Er wisse nicht, wer hinter dieser Meldung stehe, vermute aber, dass diese eine Revanche für seinen „lang dauernden Kampf gegen die Spalter der Dalai-Clique“ darstelle. Somit sei er sogar stolz darauf, dass seine Arbeit offenbar Wirkung gezeigt habe.

Die „United Front“ ist die für Chinas „Minderheiten“ und im Ausland lebenden Staatsbürger zuständige Organisation. Während seiner Amtsperiode bis 2013 war Zhu Weiqun als scharfer Kritiker des Dalai Lama aufgetreten. Er betonte mehrmals, dass der Dalai Lama nicht über seine künftige Inkarnation entscheiden könne und nur die Regierung das Recht habe, Inkarnationen anzuerkennen. Kürzlich wurde die offizielle Webseite der Regierung aufgeschaltet, die alle 870 staatlich anerkannten Inkarnationen auflistet [vergl. Tibet-Information vom 29. Januar 2016; UM].

South China Morning Post, 29. März 2016
http://bowenpress.com

Lhasa für Tibeter im März unerreichbar
Tibeter aus dem umliegenden Provinzen konnten im März nicht mit dem Zug nach Lhasa reisen. Reisenden aus den Städten Lanzhou und Xining in der chinesischen Provinz Gansu wurden keine Zugtickets ausgestellt. Wollten sie ein Zugticket kaufen, mussten sie ihren Ausweis vorlegen. Wenn daraus hervorging, dass sie Tibeter waren, erhielten sie kein Ticket; Angehörige anderer Nationalitäten konnten dagegen problemlos Tickets kaufen. Zunächst sei den Tibetern Anfang März mitgeteilt worden, sie sollten eine Woche warten, bis es Tickets gebe, aber danach hiess es, sie bekämen während des ganzen Monats keine Tickets. Für Flugreisen von Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, nach Lhasa wurden für Tibeter sogar für den gesamten März und April keine Tickets ausgestellt.

Radio Free Asia, 29. März 2016

Neue Restriktionen für tibetische Klöster in Qinghai
Im März wurden von den Behörden neue Restriktionen für Klöster in der Präfektur Malho in der Provinz Qinghai im Norden Tibets erlassen. Diese betreffen vor allem das im 14. Jahrhundert gegründete Kloster Rongwo, aber auch andere Klöster in der Region. Es sind vier neue Bestimmungen:

  1. Alle im Kloster lebenden Mönche müssen den Anweisungen der „Leitungskommission“ folgen. Die „Leitungskommissionen“ ersetzen seit 2012 die bisherigen „Demokratischen Leitungskomitees“, die meist aus im Kloster lebenden Mönchen bestanden, die allerdings von der Lokalregierung und Partei ausgesucht wurden. Die neuen Leitungskommissionen hingegen sind direkt mit von der Zentralregierung entsandten Funktionären der Kommunistischen Partei besetzt.
  2. Die Aufseher von Schreinen und Tempeln müssen sich mit ihrer Unterschrift zur Einhaltung der neuen Regeln der Leitungskommissionen verpflichten und werden bei Zuwiderhandlung zur Rechenschaft gezogen.
  3. Die Aufseher müssen sämtliches Eigentum der Klöster schützen und Mönche von „schändlichen“ Aktivitäten abhalten. Diese sind zum Beispiel das Anbringen von Postern, die sich kritisch mit der chinesischen Politik auseinandersetzen, oder die Beteiligung an Selbstverbrennungen.
  4. Alle Statuen und Fotos des Dalai Lama müssen aus den Klöstern entfernt werden. Wer sich nicht daran hält, muss mit Wegweisung aus dem Kloster und Strafverfolgung durch die Behörden rechnen.

Klöster, die sich nicht an die neuen Regeln halten, können geschlossen werden. Jeweils zwei Mönchen ist ein Vertreter der Behörden zugeordnet, der diese beaufsichtigt und mittels einer von den Behörden angefertigten Broschüre instruiert. Auch die Behördenvertreter können bestraft werden, wenn die ihnen zugeteilten Mönche sich nicht an die Regeln halten.

Radio Free Asia, 29. März 2016

 

15. März 2016
China gegen Podiumsdiskussion mit Dalai Lama in Genf
China hat in einem Schreiben an Diplomaten und UN-Offizielle in Genf massiven Druck ausgeübt, damit diese einer Podiumsdiskussion mit dem Dalai Lama fernbleiben. Die Veranstaltung unter dem Titel „Nobelpreisträger über Menschenrechte – Ansichten aus der Zivilgesellschaft“ fand am 11. März, einen Tag nach dem Jahrestag des Volksaufstandes in Tibet von 1959, im Graduate Institute of Geneva statt. Offizieller Gastgeber waren die Ständigen UN-Vertretungen der USA und Kanda. Neben dem Dalai Lama waren noch zwei weitere Nobelpreisträgerinnen auf dem Podium, die jemenitische Journalistin Tawakkol Karman und die iranische Anwältin Leila Alikarami. Die Moderation hatte die die Vize-Kommissarin der UN für Menschenrechte, Kate Gilmore, übernommen.

In dem Schreiben Chinas vom 8. März, das Reuters in vollem Wortlaut vorliegt, heisst es, die Veranstaltung verletze die Souveränität und territoriale Integrität von China und verstosse gegen die Prinzipien der UN-Charta. „China lehnt die separatistischen Aktivitäten des Dalai Lama entschieden ab“, und alle Eingeladenen sollten nicht an diesem Event teilnehmen oder sonst den Dalai Lama „und seine Clique“ treffen. Der UN-Sprecher in Genf, Ahmad Fawzi, bemerkte gegenüber Reuters, dass man von diesem Schreiben „Kenntnis genommen“ habe, aber die UN sei nicht „an Instruktionen von Mitgliedsstaaten gebunden“. Der Direktor des Instituts, Philippe Burrin, sagte, es handele sich hier um „eine Frage der Meinungsfreiheit und der akademischen Freiheit, eine solche Veranstaltung zu organisieren.“

Reuters, 10. März 2016

http://graduateinstitute.ch/events/_/events/corporate/2016/nobel-laureates-on-human-righ-2

 Shugden Community gibt Selbstauflösung bekannt
Die International Shugden Community (ISC) hat beschlossen, sich aufzulösen. Ausgerechnet am Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes vom 10. März 1959 wurde ISC offiziell aufgelöst. Seit diesem Tag erscheint auf der Internetseite (http://internationalshugdencommunity.com/) nur noch die aus zwei Sätzen bestehende Ankündigung der Auflösung; bereits habe die ISC schon zum 1. Dezember 2015 beschlossen, alle Demonstrationen gegen den Dalai Lama einzustellen. Diese lapidare Ankündigung endet mit dem Satz des ISC-„Repräsentanten“ Len Foley „May everybody be happy“. Über die Hintergründe dieses überraschenden Schrittes ist nichts bekannt.

Vordergründig protestierte ISC gegen die Anweisung des Dalai Lama, die Gottheit Dorje Shudgen nicht mehr anzubeten, weil die Shugden-Verehrung eine extrem dogmatische, konservative und Absolutheit beanspruchende Richtung in der tibetischen Religion unterstütze. Eine Recherche der Nachrichtenagentur Reuters [vergl. Tibet-Information vom 4. Januar 2016; UM; ausführlicher Bericht unter http://tibet.ca/en/library/wtn/13339] hatte gezeigt, dass ISC massiv von China finanziert wird. Ein internes Dokument der Kommunistischen Partei aus 2014 bezeichnet die Proteste von ISC als „eine wichtige Front in unserem Kampf gegen die Dalai-Clique“. Die ISC protestierte über Jahre lautstark und aggressiv bei nahezu allen Besuchen des Dalai Lama im westlichen Ausland, bezichtigte ihn der Unterbindung der Meinungsfreiheit und behauptete sogar, er sei nicht der „wahre“ Dalai Lama. Das teilweise aggressive Gebaren des ISC führte dazu, dass Geheimdienste aus den USA, Indien und anderen Staaten in einem 18-seitigen Briefing-Dokument, das Reuters vorliegt, die Repräsentanten des Dalai Lama darauf hingewiesen haben, dass bei Shugden-Demonstrationen mit einer „potenziell ernsthaften“ Bedrohung zu rechnen ist. Im indischen Exil in Dharamsala hatte 1997 ein Dreifachmord am Direktor des Instituts für Buddhistische Dialektik, Lobsang Gyatso, und zweien seiner Schüler für Aufregung gesorgt. Lobsang Gyatso war prominenter Kritiker der Shudgen-Richtung. Die mutmasslichen Mörder sollen nach Polizeiermittlungen aus Tibet eingereist und dort auch wieder untergetaucht sein.

Phayul, 14. März 2016

 

9. März 2016
China plant zweite Eisenbahnlinie nach Tibet
China plant eine zweite Eisenbahnlinie nach Lhasa, die in westlicher Richtung von Chengdu, der Provinzhauptstadt von Sichuan, nach Lhasa führen soll. Dieses wurde anlässlich der Eröffnung der diesjährigen Versammlung des Nationalen Volkskongresses bekannt gegeben. Die Nachricht erschien allerdings versteckt auf Seite 53 des publizierten Entwurfs zum neuen Fünfjahresplan für die Jahre 2016 bis 2020 und bestand gerade aus einem Halbsatz mit vier chinesischen Schriftzeiche unter der Rubrik „Neue genehmigte Verkehrsprojekte“.

Später wurden den 20 tibetischen Abgeordneten des Volkskongresses, die laut staatlicher Nachrichtenagentur Xinhua angesichts der Nachricht in Begeisterung ausbrachen, und Journalisten weitere Details vom Vize-Parteivorsitzenden Padma Choling erläutert. Die insgesamt etwa 1‘800 km lange Strecke soll laut dem Vize-Chefingenieur Lin Shijin die Fahrtzeit von Chengdu nach Lhasa auf 15 Stunden verkürzen und stelle eine grosse bauliche Herausforderung dar. Sie muss acht Mal Gebirgsketten und Höhendifferenzen von jeweils 2‘000 Meter überwinden und gleiche damit einer „Achterbahn mit riesigen Ausmassen“. Padma Choling gab versicherte gegenüber den tibetischen Abgeordneten: "Wir werden diese Bahn auf jeden Fall bauen." So werde Lhasa „zur internationalen Tourismusstadt und eine Drehscheibe des Handelsverkehrs“. Teile der Strecke am Anfang in Chengdu und am Ende vor Lhasa seien schon im Bau.

Besorgnis gab es nicht nur bei Umweltschützern und Menschenrechtlern, die einen noch grösseren Zustrom von Touristen und Siedlern nach Tibet befürchten, sondern auch bei der indischen Regierung. Diese monierte, dass sich mit den geplanten Abzweigungen von der Hauptstrecke, die bis zur indischen Grenze reichen sollen, auch Soldaten rasch in unmittelbare Nähe Indiens verschieben liessen.

Reuters, 5. März 2016
Der Standard, 8. März 2016

Nervosität vor dem 10. März
Vor dem Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes trifft China Vorkehrungen gegen mögliche Proteste.

Tibet wurde vom 25. Februar für insgesamt fünf Wochen für alle ausländischen Reisenden gesperrt. Offiziell wurde diese Massnahme mit dem „kalten Wetter“, dem tibetischen Neujahr und den Ferien für tibetische Tourismusangestellte begründet. Unter der Hand sagten tibetische Reisebüros aber, es gebe „politische Gründe“. Die Reiseagenturen sind offenbar aber weniger betroffen als in früheren Jahren, da mehr und mehr der inländische Tourismus nach Tibet boomt. Immer mehr Chinesen wollen den smog-verseuchten Städten entkommen und bewundern die klare Luft und die tibetische Landschaft. Sogar ein Skigebiet ist derzeit im Bau. Die meisten Gruppen sind straff organisiert und bestehen mitunter aus mehreren hundert Teilnehmern. Daneben gibt es aber auch Einzeltouristen, die sich zunehmend für den tibetischen Buddhismus interessieren.

Ebenso wurde die Regierung von Nepal von einer chinesischen „Sicherheitsdelegation“ aufgefordert, anlässlich des Jahrestages mögliche antichinesische Aktivitäten im Land zu unterbinden. Die offizielle Intervention erfolgte während einer Sicherheitskonferenz in Kathmandu, an der Vertreter von Nepals Luftwaffe, Armee und Polizei teilnahmen. Diese hätten versichert, alles in ihrer Macht stehende zu unternehmen, um Proteste zu unterbinden.

CNN, 26. Februar 2016
The Telegraph Nepal, 29. Februar 2016

 

7. März 2016
Selbstverbrennungen und Solo-Proteste
Sowohl in Tibet wie auch im indischen Exil kam es zu einer Selbstverbrennung. Beide Tibeter starben an ihren Verletzungen.

Am 29. Februar zündete sich vor einem Altersheim in Herbertpur in Nordindien der erst 15-jährige Dorjee Tsering an und starb einige Tage später im Spital. Er wurde unter grosser Anteilnahme der Tibeter beigesetzt. Dorjee Tsering war Schüler an einer tibetischen Schule in Mussoorie. In einer auf Video aufgezeichneten Stellungnahme sagte er kurz nach Erreichen des Spitals: „Der Grund, warum ich mich wie eine Butterlampe entzündete ist die Besetzung Tibets seit 1959, und ich dachte immer, ich müsse etwas für Tibet machen. Gestern kam ich zum Entschluss, dass die Selbstverbrennung die einzige Wahl ist, die ich hatte.“

In der Präfektur Kardze in Osttibet zündete sich ebenfalls am 29. Februar der 18-jährige Mönch Kalsang Wangdu in der Nähe seines Klosters Retsokha Aryaling an, rief Parolen für die tibetische Unabhängigkeit, und starb während des Transports in das Spital. Mit ihm steigt die Zahl der Selbstverbrennungen in Tibet auf 145.

Direkt nach seinem Tod begannen die Behörden, seine Familienangehörigen zu isolieren. Weder Bekannte noch Verwandte erhielten Zugang zur Familie, der mittlerweile die sterblichen Überreste ausgehändigt wurden. Die Angehörigen wurden unter Druck gesetzt, den Akt als Unfall zu deklarieren: sie sollten erzählen, er sei bei einem Brand in seiner Unterkunft umgekommen.

Ebenfalls wurden zwei weitere Solo-Proteste bekannt, die in den letzten Monaten zunehmend als Protestform anstelle der Serie der Selbstverbrennungen traten [vergl. Tibet-Information vom 9. und 18. September 2015; UM].

Am 26. Februar lief der 41-jährige Jamyang Dorje entlang der Strasse zur Bezirksverwaltung in Kardze und rief Parolen für die Rückkehr des Dalai Lama und Freiheit in Tibet. Kurz darauf wurde er an einer Strassenkreuzung verhaftet. Bis jetzt wissen seine Angehörigen nicht, wo er sich befindet. Direkt nach der Festnahme blockierten die Behörden alle Mobiltelefone von seinen Verwandten, damit sich die Nachricht seiner Verhaftung nicht verbreitete.

Am 3. März wurde die 33-jährige Tibeterin Bhumo Manga nach einem kurzen Solo-Protest verhaftet. Sie ging zur Mittagszeit in der Stadt Meruma in der Region Ngaba über die Hauptstrasse, ein Portrait des Dalai Lama in die Luft haltend. Dabei rief sie Parolen gegen die Besetzung Tibets. Bereits vor 8 Jahren war sie 8 Monate in Haft, weil sie sich geweigert hatte, die chinesische Flagge auf ihrem Hausdach zu hissen. Während der Haft sei sie schwer gefoltert worden, sagten Angehörige.

Radio Free Asia, 26. Februar 2016
Phayul, 2., 3. und 4. März 2016

Kyichu-Fluss bei Lhasa wird aufgestaut: Seen für Touristen
Laut dem 2013 verabschiedeten Lhasa River Project (LRP) wird der Kyichu-Fluss am Stadtrand von Lhasa aufgestaut, um Seen für Touristen zu schaffen. Insgesamt sechs Dämme werden derzeit auf einer Strecke von 20 km errichtet. Abgesehen von der Schaffung touristischer Attraktionen sollen die Dämme laut Regierungsangaben auch Sandstürme abhalten, die Wasserqualität verbessern und eine „grüne Umwelt“ schaffen.

Das Gegenteil werde passieren, mahnt hingegen ein prominenter chinesischer Geologe, Professor Fan Xiao von der Sichuan Geological Society. Er wies darauf hin, dass ein Damm die Fliessgeschwindigkeit herabsetzt und damit zu mehr verschmutztem Wasser führt. Die Sedimentierung könnte zunehmen, auch seien die Stadt und die umliegenden landwirtschaftlichen Betriebe stärker von Überflutungen bedroht. Lhasa habe gar keine künstlichen Touristenattraktionen nötig, sondern die Kultur und Landschaft seien attraktiv genug. Staudämme könnten in einer ohnehin fragilen Umgebung das Erdbebenrisiko vergrössern. In ungewöhnlicher Offenheit sagte Professor Fan, dass bei Aussicht auf eine Steigerung des Bruttosozialprodukts und höhere Steuereinnahmen nun einmal ökologische Bedenken seitens der Behörden hintenan gestellt würden.

Die Ökologie des Kyichu-Flusses hat sich ohnehin schon seit der Konstruktion von zwei grossen Wasserkraftwerken im Nordosten von Lhasa massiv verändert. Die Kraftwerke, die mit einem Investitionsvolumen von umgerechnet $ 1 Mrd. als die grössten einzelnen Industrieprojekte in Tibet überhaupt gelten, sollen laut Bericht des staatlichen Fernsehens vor zwei Jahren flussabwärts zu einer Senkung des Wasserspiegels und einem Fischsterben geführt haben.

Beobachter vermuten als Antreiber hinter den aggressiven Tourismusplänen den lokalen Parteisekretär von Lhasa, Che Drahla. Dieser hatte seine politische Karriere erfolgreich damit gestartet, dass er die Ortschaft Gyalthan in der Provinz Yunnan in „Shangri-La“ umbenannte und zu einem Retorten-Touristenort machte. Die von Tibetern sogenannte „Dracheninsel“ im Kyichu-Fluss, ein beliebter Ausflugs- und Picknickort in Lhasa, wurde in „Sonneninsel“ umbenannt und laut Einwohnern zu einem tibetischen „Las Vegas“ entwickelt. Neben Spielkasinos blüht heute dort auch die Prostitution.

Voice of Asia, Tibetan Service, 22. Februar 2016

 

16. Februar 2016
Tibeter stirbt in Haft nach Folter
Ein Tibeter, der in Haft war, weil er sich geweigert hatte, die chinesische Flagge auf seinem Hausdach zu hissen, ist an den Folgen von Folter gestorben. Trigyal, dessen Alter unbekannt ist, war deswegen Ende 2014 zu einer Haftstrafe von 13 Jahren verurteilt worden. Zwei andere Männer aus dem gleichen Dorf wie Trigyal wurden wegen ihrer Weigerung zu je 10 Jahren Haft verurteilt. Nach Angaben eines Tibeters im Exil mit guten Kontakten in die Region Driru, aus der Trigyal stammt, sei er in Haft gefoltert worden. Sein Leichnam wurde der Familie übergeben.

Der Bezirk Driru gilt als eine Problemregion, in der China mit Gewalt Loyalität zu erzwingen versucht [vergl. Tibet-Information vom 18. September und 14. Oktober 2014; UM]. Die Auseinandersetzungen eskalierten, als sich die Bewohner im Oktober 2014 weigerten, chinesische Flaggen auf ihren Hausdächern zu hissen und diese stattdessen in einen Fluss warfen. Danach wurden insgesamt etwa 1‘000 Tibeter verhaftet. Bereits im Jahr zuvor war es wegen Protesten gegen die sogenannte Massenlinien-Kampagne gekommen, die blutig niedergeschlagen wurden. [vergl. Tibet-Information vom 8. und 9. Oktober 2013; UM]. Dabei sollen vier Tibeter getötet und etwa 50 verletzt worden sein.

Radio Free Asia, 8. Februar 2016

Zwei Mönche wegen Langlebens-Zeremonie für Dalai Lama verhaftet
Wie das Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD) meldet, sind zwei Mönche verhaftet worden, weil sie am 25. Januar in ihrem Kloster Chogri in der osttibetischen Präfektur Kardze eine Langlebens-Zeremonie für den Dalai Lama abhielten. Die Zeremonie wurde von einer grossen Zahl von Laien und Mönchen besucht und fand auf sozialen Netzwerken weite Beachtung, wurde aber von der Polizei toleriert. Organisiert wurde die Zeremonie, nachdem bekannt wurde, dass sich der Dalai Lama in der Mayo-Klinik in den USA in stationäre Behandlung begeben hatte.

Nur sechs Tage nach der Zeremonie wurden in einem Erlass der lokalen Behörden der Verkauf von Bildern des Dalai Lama und jegliches Ausstellen an öffentlichen Orten verboten, weil diese „das falsche Signal an die Massen“ senden. Alle Inhaber von Bildern wurden aufgefordert, diese bis 2. Februar an die Behörden auszuhändigen. Bei Nichtbefolgen wurden schwere Strafen angedroht. Nach Einschätzung von Informanten verkauften knapp die Hälfte der Läden in Kardze Fotos des Dalai Lama.

Die Verhaftung der beiden Mönche, die um die 50 Jahre alt sind und nach ihrer religiösen Ausbildung im indischen Exil nach Tibet zurückkehrten, erfolgte in der ersten Februarwoche; das genaue Datum ist nicht bekannt. Nach den Verhaftungen wurde die Zahl der Sicherheitskräfte in der Region verstärkt.

Radio Free Asia, 2. Februar 2016; TCHRD, 8. Februar 2016

 Chinas Botschafter stört sich an Kunstinstallation
Der chinesische Botschafter in Bangladesh veranlasste die Organisatoren des Dhaka Art Summit, ein ihm missliebiges Kunstwerk zu verdecken. Es handelte sich um die Installation „Letzte Worte“ der indischen Filmautorin Ritu Sarin. Die Installation besteht aus Fotos von Abschiedsbriefen von fünf Tibetern, die sich selbst verbrannt hatten. Der Botschafter hatte den Organisatoren per Mail mitgeteilt, er fühle sich von dem Kunstwerk „beleidigt“ und verlangte seine Beseitigung. Als Kompromiss wurde die Installation mit weissen Tüchern verhängt. Der Dhaka Art Summit gilt als eine der angesehensten Kunstveranstaltungen der Region mit über 300 teilnehmenden Künstlern.

Hong Kong Free Press, 8. Februar 2016

 

29. Januar 2016
Überwachungskampagne in tibetischen Dörfen verlängert
Human Rights Watch kommt in einem Bericht zum dem Schluss, dass das bisher aufwändigste und grösste soziale Überwachungsprogramm in Tibet auf unbestimmte Zeit verlängert wird. Begonnen hatte das Programm im Jahr 2011 mit dem Titel „Nutzen für die Massen“. Dieses Programm war zunächst bis 2014 befristet und hatte primär das Ziel, Unruhen wie im Jahr 2008 zu verhindern. Dazu waren Teams von Kadern in alle der etwa 5000 tibetischen Dörfer delegiert worden. Die Teams bestehen aus vier oder mehr Mitgliedern, von denen eines tibetischer Nationalität sein sollte, um aus dem Chinesischen zu übersetzen. Die Mitglieder werden in der Regel nach einem Jahr durch neue Kader abgelöst. Insgesamt involvierte das „Programm der im Dorf stationierten Kaderteams“ (chin. zhucun gongzuodui) bisher etwa 21‘000 Parteimitglieder und verschlang 25 Prozent des jährlichen Budgets der Region.

Was anfangs als Programm zur Verbesserung der Dienstleistungen und Lebensbedingungen der Dorfbewohner angekündigt war, entpuppte sich als Überwachungs- und Umerziehungsinitiative. Ziel laut offiziellen Angaben der Parteiführung was es, aus jedem Dorf „eine Festung im Kampf gegen Separatismus und jeden Dorfbewohner zum Wächter“ zu machen. Dazu sollten die Teams die Gesinnung und Einstellung aller Bewohner erforschen. Den Teams wurden fünf Aufgaben gestellt: Aufbau von Parteiorganisationen auf Dorfebene, Erhalt „sozialer Stabilität“, Erziehung über „das Erfahren der Güte der Partei“, Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung und praktische Tätigkeiten. Dazu sollten die Kader „gemeinsame Abwehrgruppen“ auf Dorfebene gründen und Dispute schlichten; letzteres um zu verhindern, dass Dorfbewohner bei Regierungsbehörden Petitionen einbringen, was in der Vergangenheit nicht selten zu grösseren Unruhen führte. Schliesslich sollten sie auch kulturelle Veranstaltungen zur Förderung „sozialistischer Werte“ und Abkehr von „schlechten alten Traditionen“ abhalten.

Allein das Team in Nagqu, einer der sieben Präfekturen in Tibet, rühmte sich, im vierten Jahr seiner Arbeit 1‘686 politische Erziehungssitzungen abgehalten und 1‘194 neue Parteimitglieder rekrutiert zu haben. Dazu seien 45‘903 Propagandabesuche in Haushalten durchgeführt worden.

Alle offiziellen Verlautbarungen deuten darauf hin, dass das bis 2014 befristete Programm nun auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Eine regierungsoffizielle Internetseite bemerkte dazu, dass angesichts dieser Nachricht „die Massen ausser sich vor Freude gewesen“ seien. Zur Unterstützung des Programms seien in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt 20‘092 Gebäude in den Dörfer errichtet worden. Für 2016 seien weitere 12‘008 Gebäude geplant, das entspricht im Schnitt sechs neuen Gebäuden in jedem tibetischen Dorf. Für das Bauprogramm sind insgesamt umgerechnet etwa Fr. 800 Millionen budgetiert – die grösste jemals investierte Summe für Bauten in Tibet.

Human Rights Watch, 8. Januar 2016

Datenbank der „Lebenden Buddhas“ ist online – Dalai Lama fehlt
Wie bereits vorher angekündigt [vergl. Tibet-Information vom 15. Dezember 2015;UM], ist nun die Datenbank für Inkarnationen online. Der Start wurde von chinesischen Medien breit publiziert und gepriesen, weil diese die Identifizierung von „falschen lebenden Buddhas“ ermöglichen soll. Nur wer in diesem, gegenwärtig 870 Inkarnierte umfassenden Verzeichnis aufgeführt und mit einer „Lizenznummer“ versehen ist, gilt als staatlich anerkannter „Lebender Buddha“. Der Dalai Lama fehlt darin.

Die Datenbank erlaubt Online-Abfragen, wozu man einen Zugangscode benötigt, der auf das Mobiltelefon des Antragsteller geschickt wird. Die Informationen umfassen den weltlichen und Mönchsnamen des Gesuchten, dazu sein Geburtsdatum, die Telefonnummer, den Ort seines Klosters und die „Lizenznummer“. Die Abfragen sind auf maximal fünf Personen pro Tag limitiert.

South China Morning Post, 19. Januar 2016

Woher kommt die Hacker-Organisation „Scarlet Mimic“?
Eine Firma in Palo Alto, die sich mit Internetsicherheit und Hacker-Attacken befasst, hat eine Organisation mit dem mysteriösen Namen „Scarlet Mimic“ als Verantwortliche für Attacken auf uigurische und tibetische Organisationen im Exil ausgemacht. Laut einem Bericht der Firma Palo Alto Networks (http://researchcenter.paloaltonetworks.com/2016/01/scarlet-mimic-years-long-espionage-targets-minority-activists/®) war „Scarlet Mimic“ mindestens seit vier Jahren primär damit beschäftigt, die Computer von Exilorganisationen auszuforschen, die der chinesischen Regierung ein Dorn im Auge sind. In der jüngsten Zeit habe „Scarlet Mimic“ auch Regierungsorganisationen in Russland und Indien attackiert, die potenziell terroristische Aktivitäten überwachen; letzteres wohl primär mit dem Interesse, deren Erkenntnisse für sich zu nutzen. Palo Alto Networks weist darauf hin, dass sie nicht im Besitz von Beweisen sind, dass „Scarlet Mimic“ direkt mit der chinesischen Regierung verbunden ist, jedoch liege dieser Verdacht nahe.

The Register, 25. Januar 2016

 

25. Januar 2016
Hotel verbietet tibetische Sprache, nimmt Entscheid zurück - und entschuldigt sich
Das Hotel Shangyul [der Hotelname wird in anderen Quellen mit Shang Yon angegeben; UM] in der Präfektur Malho musste nach stürmischen Protesten einen Entscheid zurücknehmen, seinen Angestellten während der Arbeit den Gebrauch der tibetischen Sprache zu verbieten. Erst im Dezember letzten Jahres hatte das Hotel in chinesischer Eigentümerschaft den Betrieb aufgenommen und erliess für die Angestellten verbindliche Verhaltensregeln bei der Arbeit. Eine der insgesamt fünf Regeln verbot den Gebrauch der tibetischen Sprache während der Arbeit und machte die chinesische Sprache für alle Angestellten verbindlich. Verstösse gegen die Regeln würden mit Yuan 500 geahndet und könnten zur Entlassung führen, hiess es in einem am 7. Januar ausgestellten Leitfaden.

Nach zahlreichen Protesten in sozialen Netzwerken wurde das Hotel von der lokalen Behörde für einige Tage geschlossen. Die Regel wurde in ungewöhnlicher Offenheit im populären Netzwerk WeChat sogar von Han-Chinesen heftig kritisiert. Nur vier Tage später revidierte das chinesische Hotelmanagement die Regel wieder und erliess sogar detaillierte Vorgaben, wie tibetische und chinesische Sprache gleichberechtigt zu gebrauchen seien. Demnach müssen alle Notizen, Dokumente und Stempel des Hotels in gleicher Schriftgrösse zweisprachig abgefasst sein, wobei zuerst die tibetische und erst danach die chinesische Sprache erscheint.

Das Hotelmanagement entschuldigte sich sogar schriftlich und teilte mit, es habe die „Gefühle der tibetischen Landsleute tief verletzt“ und würde eine „tiefgreifende, gründliche und vollständige Berichtigung“ der Verhaltensregeln vornehmen.

Phayul, 8. und 12. Januar 2016

Radio Free Asia, 8. Januar 2016

Tibetischer Sprachunterricht im Untergrund
Im Gegensatz zur Rücknahme des Verbotes der tibetischen Sprache im Bezirk Malho sehen sich freiwillige Vereinigungen im Bezirk Pema in der Präfektur Golog, die Unterricht in tibetischer Sprache anbieten, immer stärkeren Repressionen ausgesetzt. Viele Initiativen sind dazu gezwungen, den Unterricht im Geheimen zu geben. Seit sieben Jahren bietet eine freiwillige Initiative, die sich den Namen „Save the Language Association“ gab, Intensivkurse in tibetischer Sprache an. Diese Kurse werden während der Winterferien der staatlichen Schulen abgehalten.

Wie Informanten gegenüber Radio Free Asia angaben, sind viele dieser Kurse auf intensiven Druck der Polizei gestrichen worden. Aus Angst vor Verhaftung halten manche Gruppen den Unterricht nur noch im Geheimen ab. Bekanntmachungen der Behörden hatten diese Initiativen als „illegal“ bezeichnet und mit Verhaftung gedroht.

Die Forderung nach Repektierung der tibetischen Sprache ist ein wichtiges Element lokaler Initiativen, um die tibetische Kultur und Identität zu bewahren. Vor 2 Jahren schlossen die Behörden bereits eine Schule, in der Nomadenkinder Sprachunterricht bekamen, und eine Schule für tibetische Mönche im nordtibetischen Bezirk Golog [vergl. Tibet-Information vom 18 April 2014; UM]. Im gleichen Monat verboten die Behörden einen tibetischen Sprachwettbewerb in Sichuan, der anlässlich des UNESCO-Tages der Muttersprache abgehalten werden sollte [vergl. Tibet-Information vom 3. Juni 2014; UM]. Das Verbot von Sprachunterricht reiht sich in eine Reihe weiterer repressiver Massnahmen in Golog ein. Klöster benötigen beispielsweise eine behördliche Genehmigung für jede grössere Gebetsversammlung oder öffentlich zugängliche religiöse Handlungen.

Radio Free Asia, 20. Januar 2016

Polizei-Razzien in Geschäften und Internetcafes
Im Bezirk Dzoege im Osten Tibets hat die Polizei im Dezember gross angelegte Razzien vorgenommen, die offensichtlich Tibeter einschüchtern sollen. Laut staatlichem Fernsehsender dienten die Razzien dazu, „die soziale Stabilität zu untersuchen und Zwischenfälle zu verhindern“. Im Bezirk wurden „jede Strasse, Teestube, und jedes Hotel, Restaurant, Vergnügungszentrum, und Internetcafe“ hinsichtlich „sozialer Stabilität“ untersucht und kategorisiert. Im Einsatz seien 45 Fahrzeuge gewesen, und es seien 70 Personen untersucht worden.

Ein jetzt ins Ausland gelangtes Video (https://www.youtube.com/watch?v=6XiAL0EShzA&feature=youtu.be) zeigt maskierte Polizisten mit Kameras und Schlagstöcken, wie sie in einem Internetcafe Kontrollen durchführen. Die Anwesenden mussten sich ausweisen und wurden angewiesen, ihre Kopfhörer abzunehmen. Laut staatlichem Fernsehen wurden Geschäfte, in denen unerlaubte Aktivitäten entdeckt wurden, sofort geschlossen und die Inhaber zur „Korrektur und Besserung“ verurteilt.

International Campaign for Tibet, 21. Januar 2016

 

7. Januar 2016
China gibt Pressionen auf Südafrika zu, dem Dalai Lama die Einreise zu verweigern
Entgegen früheren Dementis hat China offenbar Druck auf Südafrika ausgeübt, dem Dalai Lama die Einreise zu verweigern. Der Generaldirektor der Abteilung für Afrikanische Angelegenheiten im Aussenministerium, Lin Songtian, machte entsprechende Bemerkungen beim Empfang einer Delegation von südafrikanischen Medienvertretern in Beijing und äusserte in diesem Kontext auch einige seltsame Vorwürfe gegen den Dalai Lama.

Lin Songian fasste beim Empfang nochmals die finanzielle Unterstützung der chinesischen Regierung für Afrika zusammen. So habe Präsident Xi Jinping zugesagt, insgesamt US-$ 60 Mrd. für Industrialisierungs- und Infrastrukturprojekte in Afrika zu investieren. Im Dezember 2015 wurde auch ein umfassendes Wirtschaftsabkommen mit Südafrika unterzeichnet. In diesem Zusammenhang bemerkte Lin Songtian, der Dalai Lama „kann nicht einfach kommen und Ihnen alles verderben. Wir wollen eine freundliche Umgebung dafür [das Wirtschaftsabkommen; UM]. Wir investieren eine Menge Geld in Südafrika, und wir können nicht zulassen, dass er kommt und alles verdirbt.“

Bei drei Gelegenheiten, in den Jahren 2009, 2010 und 2015, war dem Dalai Lama laut Medienberichten jeweils die Einreise nach Südafrika zu Anlässen verweigert worden. Ein Sprecher des Aussenministeriums von Südafrika sagte jedoch, man habe ihm nie die Einreise verweigert; der Dalai Lama habe die Visa-Anträge jeweils selbst zurückgezogen. Er könne gern jederzeit einen Visa-Antrag stellen.

Ausserdem behauptete Lin Songtian, ohne jedoch ein spezifisches Datum oder einen Ort zu nennen, die chinesische Regierung habe dem Dalai Lama „ein Haus und einen Tempel“ gebaut, aber er habe es abgelehnt, dort zu leben. Ausserdem werde der Dalai Lama von der CIA finanziert. „Er kann ja nicht allein von Gebeten leben.“

IOL (Südafrika), 4. Januar 2016

Verhaftung von chinesischen Spionen in Dharamsala
Indische Medien hatten im Dezember 2015 über die Verhaftung mehrerer angeblich chinesischer Spione in Dharamsala berichtet und über Bedrohungsszenarien gegen den Dalai Lama, sogar Mordpläne, spekuliert. Tribune News Service berichtete im Detail, dass es mehrfach Verhaftungen gegeben habe, wobei die Personen jeweils Landkarten oder geheime Dokumente mit nicht spezifiziertem Inhalt auf sich getragen hätten.

Die indische Polizei habe angeblich ein Extra-Budget beantragt, um die Zahl der gegenwärtig zum Schutz des Dalai Lama delegierten Polizisten von 50 auf 100 zu verdoppeln. Weiter sollen hoch auflösende Kameras um seine Residenz montiert und weitere Scanner für Gepäck bei den Eingangskontrollen aufgestellt werden. Diese Massnahmen seien aufgrund von Berichten mehrerer indischer Geheimdienste eingeleitet worden.

Ebenso sollen die Sicherheitsmassnahmen um die Residenz des 17. Gyalwa Karmapa, der im Jahr 2000 aus Tibet floh, in Sidhbari in den Aussenbezirken von Dharamsala verstärkt werden.

Das offizielle Portal der “Autonomen Region Tibet” stritt den indischen Berichten prompt jeden Wahrheitsgehalt ab. Die Verhaftungen seien „inszeniert“ und würden in täuschender Absicht gegen China verwendet. Der Dalai Lama benötige solche Berichte, da er international Aufmerksamkeit zu erregen wolle.

Tribune New Service, 30. Dezember 2016
Press Trust of India, 4. Januar 2016

 

4. Januar 2016
China finanziert Shugden-Sekte
Seit mehreren Jahren demonstriert die Shugden-Sekte, offiziell organisiert als International Shugden Community (ISC), lautstark bei allen Besuchen des Dalai Lama im Ausland. Sie bezichtigt ihn der Unterdrückung der Meinungsfreiheit, und sogar ein „falscher Dalai Lama“ zu sein.

Die Auseinandersetzung um Shugden begann eigentlich als religiöser Disput. Der Dalai Lama hatte sich schon in den 70-er Jahren von Shugden, einer vorbuddhistischen Gottheit, abgewandt und den Tibetern von der Anbetung abgeraten. Als Grund gab er an, dass die Shugden-Verehrung eine extrem dogmatische, konservative und Absolutheit beanspruchende Richtung in der tibetischen Religion unterstütze. Der Konflikt flammte aber erst Mitte der 90-er Jahre auf, etwa zu der gleichen Zeit, als China laut Reuters-Bericht begann, Tibeter für seine Zwecke zu rekrutieren. Im Jahr 1997 wurde ein prominenter Shugden-Kritiker mit zwei seiner Schüler im indischen Exil brutal ermordet; die mutmasslichen Täter waren laut Erkenntnissen der indischen Polizei aus Tibet eingereist und setzten sich nach der Tat auch wieder dorthin ab, ohne dass sie je dingfest gemacht wurden.

Eine ausführliche Dokumentation von Reuters zeigt nun auf, dass die ISC offenbar massiv von China finanziert und beeinflusst wird. Ein internes Dokument der Kommunistischen Partei aus 2014 bezeichnet die Proteste der Sekte als „eine wichtige Front in unserem Kampf gegen die Dalai-Clique“. Kader werden angewiesen, den Konflikt nicht selbst öffentlich anzusprechen, aber „patriotische“ Gelehrte zu entprechenden Stellungnahmen anzuhalten, die angebliche „Unfreiheit“ anzuprangern und diese als Plan des Dalai Lama zu bezeichnen, das „Mutterland zu spalten“.

Lama Tseta, ein früheres prominentes Mitglied von ISC, gab gegenüber Reuters an, dass er von der United Front, dem verlängerten Arm der Kommunistischen Partei gegenüber „Minoritäten“, für die Koordinierung von Aktivitäten gegen den Dalai Lama bezahlt wurde. Er und weitere prominente Shugden-Mönche wurden oft zu offiziellen Empfängen nach Beijing eingeladen. Eine kleine Gruppe von Exiltibetern reise dem Dalai Lama hinterher, um lokal Proteste zu organisieren, und sei häufig Gast bei Chinas Auslandsvertretungen.

Die grosse Mehrheit der Protestierenden sind allerdings keine Tibeter, sondern werden jeweils lokal rekrutiert. Zwar liegen Reuters keine Informationen über die direkte Finanzierung der Aktionen vor Ort durch China vor, jedoch behauptete das Indische Innenministerium, über Informationen zu verfügen, dass Geld via Nepal in solche Aktivitäten fliesst. Im Dezember 2014 offerierte die ISC 40 bezahlte Flüge von Manchester nach Rom, sowie freie Unterkunft und Verpflegung, um ein Treffen des Dalai Lama mit anderen Nobelpreisträger zu stören.

Geheimdienste aus den USA, Indien und anderen Staaten haben in einem 18-seitigen Briefing-Dokument, das Reuters vorliegt, die Repräsentanten des Dalai Lama darauf hingewiesen, dass bei Shugden-Demonstrationen mit einer „potenziell ernsthaften“ Bedrohung zu rechnen ist. Im Mai 2014 versuchten zwei Shugden-Anhänger, Räume im gleichen Hotel in Amsterdam zu buchen wie der Dalai Lama, wurden aber von Sicherheitspersonal identifiziert und abgewiesen. Im September 2015, beim Besuch des Dalai Lama in London, drängte sich ein Fahrzeug direkt hinter den Konvoi des Dalai Lama und überfuhr bei der Verfolgung sogar ein Rotlicht. Im von der Polizei gestoppten Auto wurde die eine von zwei Personen zweifelsfrei als Shugden-Anhänger identifiziert.

Reuters, 28. Dezember 2015

Der ausführliche Bericht von Reuters ist erhältlich unter http://tibet.ca/en/library/wtn/13339.

China reorganisiert Armee und verstärkt Truppen in Tibet
China hat eine Reorganisation der Bodentruppen angekündigt, mit der die Zahl der regionalen Militärkommandos von gegenwärtig sieben auf fünf reduziert wird. Zusammengelegt werden die Kommandos von Chengdu und Lanzhou im Osten bzw. Norden Tibets zu einer neuen „westlichen Zone“. Diese übersieht die Unruheprovinzen Tibet und Xinjiang. In der neuen Zone könnten nach Ansicht von Militärexperten bis zu einem Drittel aller chinesischen Bodentruppen konzentriert sein. Die fünf neu gebildeten regionalen Militärkommandos werden direkt der Zentralen Militärkommission unterstellt, die von Staatspräsident Xi Jinping geleitet wird.

Die Zusammenlegung zu einer grossen „westlichen Zone“ hat nicht nur Relevanz für die Grenzregionen zu den Nachbarländern, sondern sei laut einer anonymen Quelle aus dem chinesischen Militär auch aus Besorgnis über die „innere Sicherheit“ motiviert. Die Zone erstreckt sich vom Osten Chinas an der Grenze zu Myanmar über die gesamte indische Grenze sowie Bhutan und Nepal bis in den Westen nach Pakistan, Afghanistan und Kasachstan. Das neue Militärkommando soll angeblich nicht an einem der bisherigen Orte, Lanzhou oder Chengdu, sondern in der Hauptstadt der Unruheprovinz Xinjiang, Urumqi, angesiedelt werden. China hat wiederholt behauptet, dass uigurische Extremisten in Xinjiang in Camps in Pakistan und Afghanistan ausgebildet würden.

India Today, 20. Dezember 2015

UN-Kommittee gegen Folter berichtet über Tibet
Das UN-Kommittee gegen Folter stellt in seinem diesjährigen Bericht fest, dass in Chinas Justizsystem nach wie vor „Folter und Misshandlung tief verankert“ sind. Es stützte sich im Bericht auch auf zahlreiche Zeugenaussagen von Tibetern, die in Haft Misshandlung und Folter am eigenen Leib erlebten.

Die Free Tibet Campaign hat diese Berichte ausgewertet und in eindrücklicher Weise eine Zusammenfassung der Folterpraktiken in Tibets Gefängnissen erstellt (http://freetibet.org/about/torture/instruments?utm_source=Free+Tibet+email+updates&utm_campaign=359aaf087a-UN_findings_torture&utm_medium=email&utm_term=0_8b3b75e260-359aaf087a-49802621&mc_cid=359aaf087a&mc_eid=524401721d). China wies sämtliche Vorwürfe über Folter oder Misshandlung in seinen Gefängnissen zurück.

Free Tibet Campaign, 9. Dezember 2015